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Industrie trifft Hochschule - Lasermaterialbearbeitung - Neues aus Industrie und Forschung

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Im Rahmen der von der Hochschule Pforzheim und der Cluster-Initiative für Präzisionstechnik „Hochform“ (WSP) ausgerichteten Veranstaltungsreihe „ITH – Industrie trifft Hochschule“ fand am 22. Oktober 2020 das Fachgespräch „Lasermaterialbearbeitung – Neues aus Industrie und Forschung“ in einem Online-Format statt. Fachleute aus Unternehmen, Professoren, Mitarbeiter sowie Studierende der Hochschule Pforzheim hörten vier Fachvorträge aus Wissenschaft und Praxis. Thema war dabei der aktuelle Stand der Forschung und die Chancen, die sich in den Anwendungen in der metallverarbeitenden Industrie bieten.

Nach der Begrüßung von Dekan Dr.-Ing. Matthias Weyer, präsentierte Professor Dr.-Ing. Roland Wahl eine aktuelle Übersicht über den Technologiestand der Lasermaterialbearbeitung für metallische Bauteile. Er stellte dabei die Besonderheiten dieser Fertigungsverfahren heraus, insbesondere die herausragende Präzision in der räumlichen wie zeitlichen Steuerung und das auch bei Fertigung von individuellen Bauteilen mit erstaunlichen Qualitäten für industrielle und private Nutzer. Ebenfalls rekordverdächtig sind die Intensitäten, die einstellbar sind und mit denen der Laserstrahl durch ein selbst erzeugtes Verdampfungsloch tief in das Material eindringen kann. „Will man in die Tiefe des Materials eindringen, muss man mit herkömmlichen Verfahren länger warten. Der Laser kann die gewünschte Tiefe quasi sofort erreichen“, so der Pforzheimer Professor. Laut Wahl werden durch diese innovativen Fertigungsverfahren auch Konstrukteure zum Umdenken und zur Nutzung der neuartigen Gestaltungsmöglichkeiten für Bauteile herausgefordert – wodurch sich dann tatsächlich enorme Chancen für neue Produkte mit höherem Mehrwert eröffnen können.

„Was würden wir heute ohne WiFi und Batterien tun?“, fragt Dr.-Ing. Cornelius Schinzel, Director International Sales bei der Trumpf  Laser- und Systemtechnik GmbH & Co. KG, zu Beginn seines Vortrags. Bei der Elektromobilität ist die Batteriezelle der größte Kostenblock und damit gleichzeitig der Bereich mit der größten Wertschöpfung für Hersteller. In der Entwicklung und Herstellung einer Batteriezelle findet die Lasermaterialbearbeitung mit ihren großen Vorteilen deshalb einen großen Anwendungsbereich. Laserschweißen, Laserschneiden und Lasermarkieren sind heute schon etablierte Verfahren. In der Zukunft sieht Schinzel auch die Verfahren Laser-Perforation, Laser-Drying sowie Laser-Texturierung verstärkt im Herstellungsprozess eingebunden. Trumpf beschäftigt sich aktuell auch mit der Weiterentwicklung des sogenannten Grünen Hochleistungs-Laserstrahls. Um die Leistungskapazitäten einer Batterie zu gewährleisten und zu erhöhen, müssen verschiedene Zellen miteinander verbunden werden. Das kann nur gelingen, wenn ein homogener Prozess sichergestellt werden kann, der eine ruhige Schweißnaht und stoffschlüssige oder formschlüssige Verbindungen zwischen verschiedenen Materialien erzeugt.

Fortgesetzt wurde das Programm mit einem Vortrag zum Thema „Laserauftragschweißen und Laserhärten: Von der Muschel bis zum Kipphebel“ von Dipl.-Ing. (FH) Tom Cruz von der Hochschule Pforzheim.
Das Laserauftragschweißen ist bereits aus einer Vielzahl anderer Anwendungen bekannt, bietet z.B. einen alternativen Ansatz zur herkömmlichen Herstellung von Hartmetallwerkzeugen. Es bietet eine hohe Präzision auch bei großvolumigen Schichten, hohe (Haft-) Festigkeit, schnelle Bearbeitungsgeschwindigkeiten und hohe Prozessflexibilität.
Die Anwendungsgebiete für auf diese Weise aufgetragene Dickschichten sind vielfältig: Oberflächenveredelung und -korrosionsschutz, Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen sowie die generative Fertigung mit dem Laser.
Ein Schwerpunktthema an der Hochschule Pforzheim ist das Panzern von verschleißgefährdeten Werkzeugen und Bauteilen. Die Forscher nehmen die Natur als Vorbild, um zu lernen, wie es die Meeresschnecke schafft, sich einen Schutzschild aus Perlmutt zu bauen, dessen Widerstandsfähigkeit Ingenieure und Techniker in Erstaunen versetzt.
„Wir wollen dieses biologische Beispiel auf technische Lösungen übertragen. Wir sind dabei, Mehrschichtsysteme mit strukturellem Aufbau zu entwickeln, die den tribologischen Anforderungen, wie bspw. bei Abrasion, gerecht werden und trotzdem bruchunanfällig sind“, erklärt Tom Cruz.
Weiterhin wird in dem Kooperationsprojekt „GTR-LAS“, mit der Firma Scansonic MI GmbH aus Berlin, das Laserpulverauftragschweißen mit gescanntem Breitstrahl weiterentwickelt. So ist durch eine hoch ortsaufgelöste Geometrie- und Temperaturregelung ein wirtschaftliches Beschichten mit hohen Auftragsraten möglich, ohne Abstriche an Gefügequalität oder Endkonturnähe hinnehmen zu müssen.

Sebastian Becker, Product Line Business Manager Metallsysteme bei der EOS GmbH, zugeschaltet aus Krailling bei München, nimmt die Teilnehmer mit in die Welt der additiven Fertigungsverfahren des 3D-Druckes. „Alles was man schweißen kann, kann man auch in Pulver bringen und Schicht für Schicht auftragen“, so Becker. Solche Fertigungsverfahren überzeugen mit Vorteilen, die mit anderen herkömmlichen Methoden nicht erreicht werden können: So lassen sich komplexe Geometrien fertigen, deren Komplexität die Stückkosten nicht in die Höhen treiben. Im Gegenteil, kleine Stückzahlen sind sinnvoll und lassen Raum für individuelle komplexe Strukturen. Dieser Freedom of Design ermöglicht es Herstellern aus unterschiedlichsten Industriezweigen, sich am Markt zu etablieren und zu differenzieren – in Bezug auf Customization, Kostenreduktion und Nachhaltigkeit. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die flexible Produktionszeit. Die Unternehmen können durch bedarfsgerechte Produktion die Lagerhaltung und Logistik reduzieren – Freedom of Production. „Noch ist die additive Fertigung eine Teenager-Branche, aber die Zukunft liegt in der digitalen Gestaltung“, resümiert Sebastian Becker.

Den Abschluss des Programms gestaltete Dr.-Ing. Andreas Baum, Geschäftsführer der MetShape GmbH Pforzheim. Das Technologie-Startup ist Mitentwickler einer innovativen Technologie, mit der die Firma in der Lage ist, präzise und hochauflösend Metallbauteile herzustellen. Das Unternehmen hat sich auf die Herstellung von indirekt additiv gefertigten Bauteilen durch das so genannte Lithography-based Metal Manufacturing-Verfahren (LMM) und die damit verbundenen Entwicklungsleistungen spezialisiert. Das LMM-Verfahren, bei dem neben den von anderen additiven Verfahren bekannten Metallwerkstoffen auch weitere, z.B. nicht-schweißbare, Materialien verarbeitet werden können, zeichnet sich durch eine sehr gute Oberflächenqualität sowie höchste Präzision und Auflösung aus. Die Nacharbeit der Bauteile ist minimal, die Gestaltungsfreiheit dagegen maximal. „Das LMM-Verfahren ist ein hocheffizienter Druckprozess, der in Bezug auf Präzision neue Maßstäbe bei der additiven Fertigung von metallischen Bauteilen setzt und sich deshalb insbesondere für Kleinst- und Kleinbauteile mit dichtem, porenfreiem Gefüge eignet“, erläutert Andreas Baum die Vorteile dieses Verfahrens. Die MetShape versteht sich als Dienstleister für die Fertigung von Prototypen bis hin zur Serienfertigung, mit allen Prozessschritten.

Im Anschluss an die Vorträge wurde das abendliche Programm mit einer offenen Diskussion beendet, in der die vier Experten die Fragen der Besucher der Veranstaltung beantworteten. Ziel der Veranstaltungsreihe „ITH – Industrie trifft Hochschule“ ist der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis im Bereich der Innovationsfähigkeit von Unternehmen der Region.

Die nächsten Veranstaltungstermine „Industrie trifft Hochschule“:

"Ultraeffizienz-Herstellung von Permanentmagneten zur Ressourcenschonung" | Donnerstag, 03. Dezember 2020

„Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Stuttgart“ | Donnerstag, 18. März 2021

„KI - Künstliche Intelligenz – Einsatz in der Produktion | Donnerstag, 10. Juni 2021