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Insektenprotein 2

Innovationsprojekt zur industriellen Herstellung von Insektenprotein (Akronym: Insektenprotein)

Warum Insektenprotein 2?

Im durch die Landesstrategie Nachhaltige Bioökonomie Baden-Württemberg geförderten Forschungsprojekt Insektenprotein 2 sollen Reststoffe aus Lebensmitteln für die Insektenzucht genutzt und damit wieder in den Kreislauf der Futter- und Lebensmittelerzeugung rückgeführt werden. Konkret werden Proteine aus Larven des Mehlkäfers hergestellt.

Das bereits in gemeinsamen Voruntersuchungen validierte Konzept1 des Kooperationspartners Alpha-Protein GmbH zur industriellen Mehlwurmproduktion ermöglicht es, nicht mehr verwendbare Lebensmittel als Futterquelle für die Insekten-Aufzucht zu nutzen. So können Lebensmittelreste vermieden und proteinhaltige Futter- und Heimtierfuttermittel sowie zukünftig möglicherweise auch Lebensmittel für den menschlichen Verzehr erzeugt werden.

In Deutschland werden nach Untersuchungen des Thünen-Instituts jährlich etwa 12 Millionen Tonnen Lebensmittel nicht verzehrt, sondern bleiben ungenutzt [1]. Insgesamt etwa 6,7 Mio. t dieser Masse gelten als vermeidbar, davon vor allem Getreideerzeugnisse (2 Mio. t) sowie Obst und Gemüse (je 1,5 Mio. t) [2]. Wichtige Anfallstellen dieser vermeidbaren Reststoffe mit jeweils 1,2 Mio. t sind die Primärproduktion, die Verarbeitung von Lebensmitteln und der Außer-Haus-Verzehr. Im Handel fallen etwa 0,4 Mio. t an, in Haushaltungen hingegen etwa 2,7 Mio. t. Damit ergeben sich rechnerisch etwa 1,5 Mio. t unverwertete Lebensmittel-Reststoffe allein in Baden-Württemberg. Hier hat das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum, und Verbraucherschutz (MLR) bereits mit seinem Maßnahmenplan „Reduzierung von Lebensmittelverlusten“ [3] wichtige Schritte unternommen und diese Aktivitäten auch mit anderen Bereichen wie z. B. der Abfallwirtschaftsplanung (Abfallwirtschaftsplan 2015, Teilplan Siedlungsabfälle) harmonisiert und knüpft so auch an die Strategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Halbierung der Lebensmittelabfälle in Deutschland bis 2030 an [4].

Durch die Maßnahmen zur Vermeidung von Reststoffen aus Lebensmitteln könnten auf EU-Ebene mit einem derzeitigen Anfall von insgesamt 88 Mio. t Lebensmitteln eine Einsparung von 60 Mio. t CO2-Äquivalenten erreicht werden, dies entspricht der gesamten CO2-Emission Finnlands [5]. Bezogen auf Baden-Württemberg ergibt sich daraus rechnerisch eine Einsparung von 1,02 Mio. t CO2-Emissionen.

getrocknete Mehlwürmer; Bildquelle: Gustav Barth (Hochschule Pforzheim)
Puppe; Bildquelle: Gustav Barth (Hochschule Pforzheim)
Mehlkäfer; Bildquelle: Gustav Barth (Hochschule Pforzheim)

 

1 Vorhaben „Insektenprotein als nachhaltiger Rohstoff in der Lebens- und Futtermittelindustrie“ gefördert vom 01.12.2020 bis 31.10.2021 im Rahmen der Ausschreibung „Nachhaltige Bioökonomie als Innovationsmotor für den Ländlichen Raum“ unter dem Aktenzeichen 54-8214.07-FP20-136/1 des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg

Lebenszyklus Mehlkäfer (Tenebrio molitor)

Lebenszyklus Mehlkäfer (Bildquelle: https://insektenliebe.com)

Die Mehlwurm-Aufzucht findet in klimatisierten Aufzuchthallen statt. Dabei werden die Mehlwürmer in Behälter dosiert. Neben den Mehlwürmern befinden sich ebenfalls Nass- und Trockenfutter in den Behältern, welches in regelmäßigen Zyklen zugeführt wird. Gleichzeitig fallen in der Aufzucht auch der Kot und die chitinhaltigen Häute der Mehlwürmer an.

Ein zentraler Schritt in der Aufzucht der Mehlkäferlarven besteht in der Schaffung der optimalen Rahmenbedingungen der Mehlwürmer. Innerhalb des 70-tägigen Wachstumsprozesses erhöhen die Larven ihre Masse um mehr als das 200-fache ihres Ausgangsgewichtes. Vor der Ernte müssen Kot-, Haut- und Futterreste ebenso wie die Mehlkäfer in unterschiedlichen Entwicklungsstadien voneinander getrennt werden. Dies stellt aufgrund der Empfindlichkeit der Organismen gegenüber physikalischen Einwirkungen eine große Herausforderung dar.

Ziele

Das Ziel des Vorhabens ist es, Module zur Automatisierung der Fütterung von Insektenlarven mit Lebensmittelresten sowie der Separation von Insektenlarven von Puppen, Käfern, Eiern und Substrat im Pilotmaßstab aufzubauen, zu erproben und deren Leistungsfähigkeit als Teil eines Gesamtkonzepts aus technischer, wirtschaftlicher und Umweltsicht zu bewerten.

 

Arbeitsumfang

Die Arbeitspakete des Vorhabens umfassen nach einer Anforderungsklärung und dem zugehörigen Basic Engineering das darauf aufbauende Detail Engineering sowie die Beschaffung und den Aufbau aller Komponenten und Teile, die für die Futtermittelaufbereitungs-, Dosier- und Separationstechniken sowie der dazugehörigen Förderelemente notwendig sind. Betriebsversuche validieren die Planungsergebnisse und bereiten einen Regelbetrieb der Komponenten vor. Die Verfahrensentwicklung umfasst außerdem die Teilarbeitspakete des Umfeldmonitorings sowie der Qualitätssicherung. In Scale-up-Untersuchungen werden die Module als Teilelemente der Prototypenfarm weiterentwickelt sowie die finale Validierung vorhandener Konzepte umgesetzt. Weitere Teilarbeitspakete adressieren das regionale Stoffstrommanagements zur Bereitstellung regionaler Edukte für die Mehlwurmzucht sowie eine detaillierte Nachhaltigkeitsbewertung durch Anfertigung einer Ökobilanz.

Fragen beantworten wir gerne persönlich oder per E-Mail:

Projektkoordinator

Prof. Dr.-Ing. Jörg Woidasky

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Profil

Projektmitarbeiter

Jannick Schmidt

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Maximilian Auer

E-Mail senden

Geschäftsführer Alpha-Protein

Gia Tien Ngo

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Kickoff-Treffen des Vorhabens Insektenprotein 2 am Standort der Alpha-Protein GmbH in Bruchsal (April 2022)
  • Hochschule Pforzheim, Institut für Werkstoffe und Werkstofftechnologie (IWWT)
  • Alpha-Protein GmbH, Bruchsal

Das Projekt wird gefördert vom Ministerium für Ernährung, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) in der Förderlinie "Nachhaltige Bioökonomie als Innovationsmotor für den ländlichen Raum" des Landes Baden-Württemberg.

Laufzeit 01. November 2021 bis 31. Oktober 2023
Förderkennzeichen: BWFE120171

www.mlr.de

[1] Thünen‐Institut (Hrsg.): Lebensmittelabfälle in Deutschland – Baseline 2015. Kurzfassung Thünen‐Report 71. Verfügbar unter https://www.thuenen.de/media/publikationen/thuenen-report/Thuenen_Report_71.pdf, abgerufen 8.8.2020

[2] WWF Deutschland: Das große Wegschmeißen: Vom Acker bis zum Verbraucher: Ausmaß und Umwelteffekte der Lebensmittelverschwendung in Deutschland (2015), S. 7

[3] Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz BW (Hrsg.): Maßnahmenplan Reduzierung von Lebensmittelverlusten 2018‐2021. Verfügbar unterhttps://machs‐mahl.de/site/machsmahl/get/documents/machsmahl/MachsMahl/PDF/Ma%C3%9Fnahmenplan_Lebensmittelverschwendung.pdf; abgerufen 8.8.2020

[4] https://www.lebensmittelwertschaetzen.de/; aufgerufen 8.8.2020

[5] Scherhaufer, S; Obersteiner, G.: Die Reduktion von Lebensmittelabfällen und ihr Beitrag zum Klimaschutz. In: Pomberger, R. et al.: Recy&DepoTech 2018. Tagungsband. Leoben/Wien, 2018, S. 439‐442

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