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Motivation

Was passiert mit unseren Verpackungsabfällen aus Kunststoff?

In den vergangenen Jahrzehnten stiegen die Abfallmengen aus Kunststoffverpackungen in Deutschland stark an: 1991 fielen 1,6 Millionen Tonnen an, 2013 bereits 2,8 Millionen Tonnen – das entspricht einem Zuwachs um 77 Prozent [Schüler, 2015]. Die Weltbank geht davon aus, dass weltweit die Kunststoff- Abfallproduktion weiterwachsen und sich bis zum Jahr 2100 verdreifachen wird [Hoornweg et al., 2013, Nature]. Doch was passiert am Lebensende von Kunststoffen und Kunststoffverpackungen? Wie viel Kunststoff in die Umwelt gelangt, ist unter anderem abhängig vom Entwicklungsstand des betrachteten Landes. Bis 2025 werden sich etwa 250 Millionen Tonnen Abfälle in der Umwelt ansammeln, die nicht richtig gesammelt und behandelt wurden [Jambeck et al., 2015, Science].

Global betrachtet werden nur 10% aller Verpackungsabfälle rezykliert, nur 2% gelangen in einen geschlossenen Kreislauf [Ellen MacArthur Foundation and McKinsey & Company, 2016]. Üblich ist vielerorts die Deponierung von Verpackungen, oder gar deren unkontrollierte „Entsorgung“ in die Umwelt. Dies in Verbindung mit Kunststoffrezyklat-Preisen, die über den Kosten für Kunststoff-Neuware liegen, behindert eine Kunststoff-Kreislaufwirtschaft massiv: Obwohl in Europa etwa 3000 Unternehmen im Recyclingbereich arbeiten, decken Sekundär- Kunststoffe in Europa nur 6% des gesamten Kunststoffbedarfs.

Selbst in Deutschland liegt nach Angaben des Umweltbundesamtes die werkstoffliche Verwertungsquote von Kunststoff-Verpackungen lediglich bei 48% [UBA-Texte 139/2019; S. 137]. Nach anderen Quellen und unter anderen Annahmen (z. B. Output- statt Input-Bezug) liegt die tatsächliche Recyclingquote für Verpackungsabfälle aus Kunststoff bei nur etwa 20%. Die Regelungen des deutschen Verpackungsgesetzes, das zum 1.1.2019 in Kraft trat, erfordern unter anderem eine Erhöhung der werkstofflichen Verwertungsquote von Kunststoffverpackungen von 36 Gew.-% auf 63 Gew.-% bis 2022. Dies erfordert neue Verwertungswege und auch neue, bessere Rezyklatqualitäten, um sinnvolle Kunststoffkreisläufe zu schließen. Derzeit geht zu viel Kunststoff aufgrund von Sortierproblemen verloren, und die Qualität der Rezyklate ist aufgrund der geringen Sortierqualität nicht ausreichend.

Diese Herausforderungen sind die Motivation für das BMBF-geförderte Forschungsprojekt „MaReK“. Der Ansatz des Tracer-Based-Sorting (TBS) soll dazu dienen, aktuelle Sortierprobleme zu lösen, Kosten zu senken, die Qualität der Rezyklate zu erhöhen und so letztlich eine Kunststoff-Kreislaufwirtschaft anstelle einer Verwertungskaskade bei Kunststoffen umzusetzen.

Im Zuge der Sortierung von Verkaufsverpackungen aus dem Haushaltsbereich werden verschiedene Wertstofffraktionen abgetrennt und zu Ballenware verpresst. (Foto: HS Pforzheim)

Aktuelle Herausforderungen beim Recycling von Verpackungsabfällen

Die hochwertige Verwertung von Kunststoffverpackungen funktioniert aus technischen und wirtschaftlichen Gründen nicht gut: Nicht gefährliche Kunststoffabfälle dürfen in Nicht-OECD-Länder verbracht werden, so dass es einen erheblichen Abfluss vor allem nach Asien gibt [Europäische Kommission, 2013]. Die aktuell bewährten Sortiertechniken erreichen angesichts der Weiterentwicklung der Verpackungs- und Werkstofftechnik ihre Grenzen. Derzeit existieren in der Sortierung von Verpackungsabfällen praxisrelevante Trennaufgaben, die auch die spektroskopische Sortiertechnik nicht lösen kann. Solche Trennaufgaben bestehen in der Erkennung schwarzer Verpackungen, der Abtrennung unterschiedlicher Typen derselben Kunststoffart oder der Abtrennung von Stoffströmen mit kreislaufeinschränkenden Merkmalen wie z. B. Mehrschichtsystemen. Im Rahmen des Projektes wird untersucht, inwiefern TBS als Ergänzung oder sogar als Alternative zum bestehenden System der Verpackungssortierung fungieren kann.

Quellen:

  • Ellen MacArthur Foundation and McKinsey & Company (2016): The New Plastics Economy – Rethinking the future of plastics. URL: https://www.ellenmacarthurfoundation.org/assets/downloads/EllenMacArthurFoundation_TheNewPlasticsEconomy_Pages.pdf.
  • Europäische Kommission (2013): Grünbuch zu einer europäischen Strategie für Kunststoffabfälle in der Umwelt. Brüssel, den 7. März 2013; COM (2013) 123 final; S. 10.
  • Gesetz zur Fortentwicklung der haushaltsnahen Getrennterfassung von wertstoffhaltigen Abfällen (2017): BGBl. Jg. 2017, Teil I Nr. 45. Bonn, 12. Juli 2017.
  • Hoornweg, D., Bhada-Tata, P., Kennedy, C. (2013): Environment: Waste production must peak this century. Nature 502, 615–617.
  • Jambeck, J.R.; Geyer, R.; Wilcox, C. ; Siegler, T.R. ; Perryman, M. ; Andrady, A.; Narayan, R.; Law, K.L. (2015): Plastic waste inputs from land into the ocean. Science 347, 768-771.
  • Schüler, K. (2015): Aufkommen und Verwertung von Verpackungsabfällen in Deutschland im Jahr 2013. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau.
  • University of Georgia (2015): Stunning amount of plastic waste in the oceans || University of Georgia. URL:http://www.uga.edu/about_uga/profile/study-stunning-amount-of-plastic-waste-in-ocean, aufgerufen am 8. August 2016.