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„Querstabilisierung elektrisch unterstützter Fahrräder bei niedrigen Geschwindigkeiten“

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Promotion erfolgreich abgeschlossen
Promotion_Hanakam

Prof. Jürgen Wrede (Betreuer an HSPF und dritter Gutachter, ), Dr.-Ing. Yannick Hanakam, Prof. Woernle (Erstgutachter, Uni Rostock), Prof. Aschemann (Zweitgutachter, Uni Rostock), Prof. Falkenstein (Vorsitzender der Kommission, Uni Rostock). Nicht im Bild: Prof Gericke (Beisitzer Uni Rostock) (v.l.) ©Prof. Gericke, Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik

Das gesellschaftliche Ziel, den Klimawandel auf ein möglichst geringes Maß zu begrenzen, erfordert u.a. einen sinnvollen Umbau unseres Energiesystems. Fahrräder sind heutzutage Hightech-Fahrzeuge, die sich durch innovative Materialien und besonders durch den Einzug der Elektronik in Form von elektrischer Tretunterstützung weiterentwickeln. Besonders die boomenden E-Bikes (Pedelecs) stellen einen neuen „Fahrzeugtyp“ dar, der einen wichtigen Beitrag zur Energie- und Verkehrswende leistet.

„Die Motivation zur Themenstellung meiner Arbeit liegt in der Idee, das Gleichgewichthalten und das präzise Kurshalten bei langsamer Fahrt besonders für weniger geübte Radfahrerinnen und Radfahrer und für viele ältere Menschen durch eine Assistenzsystem zu unterstützen und so für mehr Sicherheit im Verkehr beizutragen“, erklärt der Pforzheimer Doktorand Yannick Hanakam. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter am „Institute for Smart Bicycle Technologies (ISBT)“ an der Hochschule Pforzheim entwickelte er hierfür in dem vom Bundesministerium für Forschung geförderten Projekt BikeAssit in Kooperation mit Bosch eBike Systems ein Assistenzsystem, das Radfahrende dabei unterstützt das Fahrrad im Gleichgewicht zu halten. Bei mittleren Geschwindigkeiten wird dies von den meisten Menschen problemlos beherrscht. Bei langsamer Fahrt allerdings ist das Gleichgewichthalten für viele eine anspruchsvolle Fahraufgabe. Verantwortlich dafür ist die Physik des Fahrradfahrens: Bei höheren Geschwindigkeiten kann sich ein Fahrrad durch physikalische Effekte selbst stabilisieren. Bei niedrigen Geschwindigkeiten ist der Einfluss dieser Effekte gering und der Radfahrende muss selbst dafür sorgen, sich und das Fahrrad im Gleichgewicht zu halten.

Das im Rahmen der Dissertation für ein Pedelec konzipierte Assistenzsystem erzeugt mit einem Elektromotor am Lenker zusätzliche Lenkmomente, die sich stabilisierend auswirken. Zusammen mit den Stabilisierungsbewegungen des Radfahrers lässt sich so ein Pedelec auch bei niedrigen Geschwindigkeiten einfach im Gleichgewicht halten. Kern des Assistenzsystems ist ein neu entwickelter Stabilisationsregler.

Zur Entwicklung des Stabilisationsreglers wurde im Forschungsprojekt BikeAssist die Stabilisierung von Fahrrädern bzw. Pedelecs sowohl mit Computer-Simulationsmodellen untersucht als auch experimentell durch Testfahrten mit einem mit Messtechnik ausgestatteten Pedelec. Unter anderem wurde mit studentischen Bachelor- und Masterthesen ein Mehrkörpersimulationsmodell entwickelt, welches neben der Fahrdynamik von Fahrrädern auch den Radfahrenden und dessen Einfluss auf das Fahrrad modelliert.

Der Funktionsnachweis erfolgte zunächst in der Simulation und dann natürlich auch experimentell durch Fahrversuche. Dazu wurde ein Prototyp des Assistenzsystems mit einem eigens dafür konzipierten Versuchsträger-Pedelec umgesetzt. Neben dem Elektromotor zur Erzeugung des Lenkeingriffs ist das Pedelec unter anderem mit Sensoren zur Erfassung der Wankbewegung sowie einem elektronischen Steuergerät für die Regelung ausgestattet.

In einer Probandenstudie mit 60 Radfahrerinnen und Radfahrern wurde die Funktion des Assistenzsystems bestätigt: Durch die gezielten Lenkeingriffe fuhren die Probanden mit aktivem Lenkassistenzsystem messbar stabiler als bei Vergleichsfahrten ohne die Lenkeingriffe des Assistenzsystems.

Das Forschungsprojekt BikeAssist zeigt damit die prinzipielle Anwendbarkeit eines Lenkassistenzsystems zur unterstützenden Stabilisierung eines Pedelecs bei niedrigen Geschwindigkeiten.

„Yannick Hanakams Dissertation mache beispielhaft deutlich“, so einer seiner Pforzheimer Betreuer Prof. Jürgen Wrede, Leiter des ISBT, „dass die Forschungsergebnisse der Pforzheimer Promovenden nicht nur im wissenschaftlichen Bereich von Interesse sind, sondern zukunftsfähige technische Themen, die für den Mobilitätswandel von großer Bedeutung sind, bearbeiten“.

Hintergrund:
Yannick Hanakam beendete 2016 sein Bachelor-Studium im Studiengang Mechatronik an der Hochschule Pforzheim. Nach dem anschließenden Masterstudium Embedded Systems, das er im April 2019 beendete, und einer Tätigkeit als Laboringenieur im Fachbereich Maschinenbau, begann er im Frühjahr 2019 seine kooperative Promotion an der Universität Rostock. Seine Dissertation wurde seitens der Universität Rostock von Prof. Christoph Woernle sowie von einem interdisziplinären Professorenteam der Hochschule Pforzheim, Prof. Martin Pfeiffer (Software Engineering), Prof. Jürgen Wrede (Maschinenbau), Prof. Stefan Hillenbrand (Mechatronik, Regelungstechnik), Prof. Peter Heidrich (Elektrische Antriebe) und Prof. Christa Wehner (Marktforschung, Probandenstudien) betreut.

Yannick Hanakam konnte am Freitag, 08. Dezember 2023, erfolgreich seine Promotion an der Universität Rostock verteidigen. und darf sich jetzt Dr.-Ing. Hanakam nennen Hierzu herzlichen Glückwunsch!