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Strategien der Wasserwiederverwendung – Von Leantech in Entwicklungsländern bis Hightech in Industrieparks

Bei der zweiten Ausgabe der online Ringvorlesung am 18. Juni konnte Professor Claus Lang-Koetz rund 70 Zuhörer*innen im virtuellen Hörsaal begrüßen. Als Referentin zu Gast war Birte Boysen, die 2015 zu den ersten Absolventen des Bachelorstudiengangs Ressourceneffizienzmanagement der Hochschule Pforzheim gehörte und danach ein duales Masterstudium absolvierte. Frau Boysen ist nun am Institut für Umwelttechnik und Management an der Universität Witten/Herdecke tätig. Dort bearbeitet sie verschiedene Projekte zu Strategien der Wasserwiederverwendung, über die sie im Rahmen ihres Vortrags berichtete. Die Co-Moderation übernahm dieses Mal Cindy Fernandez, die im 6. Semester Ressourceneffizienzmanagement studiert und ihr Praxissemesters im Europapark im Bereich Wassermanagement absolvierte.

Zu Beginn stellte Frau Boysen kurz ihr Institut vor, welches rund 20 Mitarbeiter hat und zu 100% Drittmittel gefördert ist. Dreiviertel der bearbeiteten Projekte sind dabei internationale Projekte, die größtenteils im Wasserbereich angesiedelt sind. Anschließend präsentierte Frau Boysen zwei Projekte zum Thema Wasserwiederverwendung.                    

Leantech in Entwicklungsländern am Beispiel von Abwasserteichen in Namibia

In Namibia führt der Klimawandel zu immer weiter fortschreitender Trockenheit und Wasserknappheit. Eine Folge davon ist, dass Tiere notgeschlachtet werden müssen, da nicht ausreichend Futter erzeugt werden kann. Zudem können die vorhandenen Kläranlagen mit dem schnellen Bevölkerungswachstum vor Ort nicht Schritt halten und sind oft von Leckagen betroffen. Durch diese Leckagen gelangt Abasser in die Umgebung, wo es beispielsweise Kinder auf dem Weg zur Schule durchqueren. Dieser Kontakt mit verschmutztem Wasser führt wiederum zu einer Vielzahl an Durchfallerkrankungen.

Das Projekt EPoNa (Ertüchtigung von Abwasser-Ponds zur Erzeugung von Bewässerungswasser am Beispiel des Cuvelai-Etosha-Basins in Namibia) konzentriert sich auf das Cuvelai-Etosha-Becken in Namibia und hat das Ziel in einer Kläranlage Bewässerungswasser für die Landwirtschaft zu erzeugen. Im Rahmen des Projekts soll eine bestehende Kläranlage so ertüchtigt werden, dass sie Bewässerungswasser erzeugt. Hierfür wurden verschiedenen Technologien erprobt und eine Versuchsanbaufläche aufgebaut in der der Einsatz des Wassers für die Landwirtschaft getestet wird. Wichtig ist vor allem die Befähigung der Menschen vor Ort die Anlage zu warten und ordnungsgemäß zu betreiben. Neben einem anaeroben Fermenter (ein sog. „UASB-Reaktor“) und einem Mikrosieb in der Vorbehandlung kommt in Namibia auch ein einfacher Steinfilter als Nachbehandlung zum Einsatz. Dabei wird ein Teich zur Hälfte mit Steinen gefüllt, auf denen sich dann mit der Zeit ein Biofilm bildet und so das Wasser gereinigt wird. Frau Boysen ist im Projekt mit der ökonomischen Betrachtung der verschiedenen Option auf betriebswirtschaftlicher und volkswirtschaftlicher Ebene betraut.

Hightech Strategien zur Wasserwiederverwendung am Beispiel eines Modellindustrieparks

Drehte sich in Namibia noch alles um einfache und wartungsarme Technologie, steht im Projekt WaReIP (Water Resuse in Industrial Parks) die optimale Kombination verschiedener Hightech-Technologien im Vordergrund. Hintergrund des Projekts ist die Tatsache, dass weltweit immer mehr Industrieparks entstehen, die auf einer kleinen Fläche zu einem hohen Wasserbedarf führen. Darüber hinaus stehen die Industrieparks mit ihrem Wasserverbrauch in Konkurrenz zur Landwirtschaft und der Schifffahrt. Ein Ziel des Projekts ist daher die Entwicklung eines Tools zur Beratung und Planung von Wasserwiederverwendung in Industrieparks. Wasser wird in Industrieparks für verschiedene Zwecke benötigt (z. B. Prozesswasser, Kühlwasser, Sanitäranlagen, Grünflächen, Feuerwehr und Straßenreinigung), wobei jeweils andere Wasserqualitäten notwendig sind. Die Betrachtung verschiedener Strategien wurde anhand eines Modellindustrieparks durchgeführt, der auf Daten und Informationen aus China, Vietnam und Deutschland basiert. Anhand der Ergebnisse lässt sich sagen, dass das Reuse-Potenzial des Wassers stark davon abhängt wie gut es vorher aufbereitet wurde und welche Wasserqualität für die Wiederverwendung erreicht werden muss. So gelangt man irgendwann auch an einen Punkt, an dem eine Wiederverwendung weder ökologisch noch ökonomisch sinnvoll ist. Vor allem auch zukünftige Gesetze könnten den Einsatz von Wiederverwendungsstrategien vorantreiben

Frau Boysen schloss ihren Vortrag mit einem Zitat von Benjamin Franklin: „When the well is dry we know the worth of water.“

Zukunftsaussichten und Rückblicke

In der abschließenden Diskussion zeigten die Zuhörer*innen großes Interesse daran wie es mit der Kläranlage in Namibia nach Ende des Projekts weitergehen wird. Hierzu hatte Frau Boysen gute Nachrichten. So will die Stadt in Namibia die Anlage weiterbetreiben und hat dafür bereits Geld eingeplant. Die aufgebauten Anbauflächen sollen wiederum an einen Landwirt verpachtet werden. Zudem ist für August eine online Aus- und Weiterbildung des Personals vor Ort angesetzt. Bezüglich Industrieparks wurde vom Publikum angemerkt, dass Systeme wie Wasser und Energie hier nicht getrennt, sondern gemeinsam betrachtet werden sollten.

Nach der fachlichen Diskussion nutzte Frau Fernandez die Gelegenheit und befragte Frau Boysen zu Tipps und Tricks im Studium sowie dem Berufseinstieg. Rückblickend rät Frau Boysen den Studierenden, sich nicht auf die Regelstudienzeit zu versteifen, sondern eventuell auch ein Semester länger zu studieren. Als prägend und hilfreich bezeichnete sie die Auslandsaufenthalte und die Praxiserfahrung während des Studiums sowie die Bildung von Lerngruppen aus denen sich langfristige Freundschaften ergeben haben.

Die nächste online Ringvorlesung findet am 25. Juni 2020 statt. An diesem Termin wird Professor Frank Bertagnolli über „Lean Empowerment: Lean in den Dimensionen Prozesse, Menschen, Führung und Kultur“ referieren. Weitere Informationen zum Programm finden sie hier.