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EU-Projekt SUSMAGPRO: Aufbau einer krisensicheren Versorgungskette für Seltenerdmagnete

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Sicherheit der Lieferkette in Europa verbessern

Die Partner des EU-Projekts SUSMAGPRO arbeiten an der Entwicklung einer Recycling-Lieferkette für Seltenerdmagnete sowie der effektiven Wiederverwendung von recyceltem Material. (Bild: ©Travel mania/Shutterstock.com)

Zweckentfremdete Tauchermasken, Einhorn-Kostüme, leere Plastikflaschen… Menschen auf der ganzen Welt haben viele kreative Ideen, dem Mangel an medizinischen Atemschutzmasken entgegenzuwirken. Für die breite Bevölkerung bieten diese Alternativen immer ein gewisses Maß an Schutz. Für das medizinische Personal, das tagtäglich mit infizierten Patienten zu tun hat, stellen Engpässe bei der Versorgung mit zertifizierter Schutzkleidung jedoch ein ernstes Problem dar. Die aktuelle Krise zeigt auf drastische Weise, wie kritisch stabile Versorgungsketten und die Aufrechterhaltung eines konstanten Warenflusses sind. Dies gilt nicht nur für medizinische Ausstattung. Auch in der Industrie gibt es zahlreiche Beispiele. In der Krise wird deutlich, dass unsere globalen Lieferketten anfällig sind und leicht gestört werden können. In diesem Zusammenhang bietet das Horizont 2020-Projekt SUSMAGPRO eine Lösung. Ein Konsortium aus 19 europäischen Partnern aus Wissenschaft und Industrie, koordiniert von der Hochschule Pforzheim, arbeitet an der Entwicklung einer Recycling-Lieferkette für Seltenerdmagnete und der Demonstration der effektiven Wiederverwendung von recyceltem Material in verschiedenen Branchen. Testprodukte sind unter anderem Motoren von Elektroautos, Wasserpumpen, Lautsprecher und Windturbinen.

Bereits vor COVID-19 erstellte die Europäische Union (EU) eine Liste von kritischen Rohmaterialien, die für die europäische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung sind und erheblichen Versorgungsrisiken unterliegen. Sie werden benötigt, um Güter des täglichen Bedarfs sowie moderne Technologien zu produzieren, garantieren Arbeitsplätze in verschiedenen Industrien und wirtschaftliches Wohlergehen und trotzdem sind sie nicht im Überfluss vorhanden. Dazu gehören Seltenerdelemente, mit denen starke Magnete produziert werden, eine der wichtigsten Komponenten in Industrien wie der Automobilbranche, Luft- und Raumfahrt, E-Mobilität, der Windkraft und Konsumgüterindustrie. Um die Ziele der Energiewende und die Digitalisierung der Industrien zu erreichen, sind diese Magnete essenzielle Bestandteile.

Trotz ihres Namens kommen Seltenerdelemente in der Natur nicht selten vor, jedoch ist ihr Abbau schwierig und verursacht erhebliche Umweltschäden. Derzeit wird nur ein Bruchteil der Nachfrage in der EU auch durch EU-Produktion gedeckt, während China weltweit der Hauptproduzent und -exporteur ist. Neben dem Abbau werden dort weitere Schritte des Produktionsprozesses durchgeführt, wie Oxidation und Veredelung. Bedenkt man diese Umstände, ist es fraglich, ob die derzeitige Versorgungskette als krisensicher und nachhaltig gelten kann.

Krisen haben es an sich, Schwachstellen aufzudecken. Das mag auf den ersten Blick grausam erscheinen, bietet aber auch die Chance für Neubeginn und Neuorganisation für eine bessere Zukunft. Während wir momentan mit einer Gesundheitskrise konfrontiert sind, die in unserer modernen Zeit beispiellos ist, sollten wir den Klimawandel nicht vergessen; eine weitere große Herausforderung, vor der die Menschheit steht. Der aktuelle Stillstand bietet eine große Chance, in dieser Hinsicht einen Wandel herbeizuführen. Die ersten Schritte werden bereits unternommen: Im Europäischen Parlament bildete sich eine Allianz, die einen grünen Ausweg aus der wirtschaftlichen COVID-19 Krise fordert. Neben verschiedenen Umweltministern vereint sie CEOs, Wirtschaftsverbände, NGOs, Thinktanks, zivilgesellschaftliche Gruppen und Gewerkschaftsvertreter. Ihr Ziel ist es, den European Green Deal in den Mittelpunkt der europäischen Wirtschaftstätigkeit zu stellen.

Auch auf regionaler Ebene fordern Politiker ein Umdenken. Franz Untersteller (Bündnis 90/Die Grünen), Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft von Baden-Württemberg, will nun die Ressourceneffizienz-Strategie des Bundeslandes überarbeiten: „Darin werden wir auch einen Schwerpunkt legen auf das Thema der Resilienz, also auf die Frage, wie wir als Land robuster werden gegen die Krisen in der Welt“, sagte der Minister. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die Seltenen Erden gelegt. Laut Untersteller „müssen wir die Ressourcenresilienz vor allem über eine echte Kreislaufwirtschaft erreichen.“

Das Recycling von Seltenerdmagneten reduziert Abfall, spart Ressourcen und schützt die Umwelt. Außerdem zeigt das Projekt SUSMAGPRO, dass es durch Zusammenarbeit und kreative Lösungsansätze möglich ist, ein System zu entwickeln, das für uns und den Planeten funktioniert. Als baden-württembergische Partner sind neben der Hochschule Pforzheim die Firma MIMplus Technologies aus Ispringen, der Technologiekonzern ZF aus Friedrichshafen und das Steinbeis-Europa-Zentrum (SEZ) aus Karlsruhe am Projekt beteiligt. Das Institut für strategische Technologie- und Edelmetalle (STI) der Hochschule Pforzheim hat hierzu neben einem kompletten Analyselabor eine Pilotanlage für die Forschung an neuen Magnetherstellungsverfahren aufgebaut. MIMplus ist Teil des mit dem Umwelttechnologiepreis des Umweltministeriums ausgezeichneten Unternehmens OBE und wird voraussichtlich ab 2021 recycelte Permanentmagnete herstellen können. ZF nutzt Magnete gerade im elektrischen Fahrzeugantrieb und bringt seine Expertise dazu in das Projekt ein. Das SEZ unterstützt bei der Vernetzung auf europäischer Ebene und der Verbreitung und Verwendung von Projektergebnissen.

SUSMAGPRO wird durch das Programm Horizont 2020 der Europäischen Union gefördert unter der Finanzhilfevereinbarung Nr 821114.

Weitere Informationen finden Sie unter www.susmagpro.eu.

Quellen:
http://defense360.csis.org/wp-content/uploads/2020/03/Hansen_Rare-Earth_v1.pdf
https://ec.europa.eu/growth/sectors/raw-materials/specific-interest/critical_en
https://eitrawmaterials.eu/wp-content/uploads/2020/04/EIT-RawMaterials-Position-Paper-on-COVID-19.pdf
https://www.euractiv.com/section/energy-environment/news/green-recovery-alliance-launched-in-european-parliament/
https://hbr.org/2020/03/coronavirus-is-a-wake-up-call-for-supply-chain-management
https://www.stimme.de/suedwesten/nachrichten/pl/Rohstoffe-Baden-Wuerttemberg-muss-unabhaengiger-werden;art19070,4344959


Ansprechpartner bei Susmagpro
Koordination
Professor Dr. Carlo Burkhardt
Institut für strategische Technologie- und Edelmetalle, Hochschule Pforzheim
+49 7231286063
carlo.burkhardt(at)hs-pforzheim(dot)de

Kommunikation
Eva Kopf
Steinbeis-Europa-Zentrum, Karlsruhe
+49 721 93519 111
kopf(at)steinbeis-europa(dot)de