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Arbeit in den Werkstätten der Fakultät für Gestaltung wieder aufgenommen

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Ran an die Maschinen

Friederike Bischoff arbeitet interdisziplinär und nutzt auch die Schuhwerkstatt für ihre Mode-Kollektion. Foto: Harald Koch

Aufatmen unter den Design-Studierenden: Ein Teil der Werkstätten an der Fakultät für Gestaltung der Hochschule Pforzheim ist wieder geöffnet. Seit zehn Tagen wird endlich wieder zugeschnitten, drapiert und genäht. Die Ausnahmegenehmigungen sind für die Gestalter essentiell. „Für Design-Studierende und die Qualität ihrer Arbeit ist es unabdingbar, die Konzepte in den Werkstätten umzusetzen. Sie arbeiten in einem Projekt von der ersten Skizze bis zum finalen Produkt und bilden während eines Semester den Ablauf im Produkte-Zyklus ab“, sagt Gestaltungs-Dekan Professor Johann Stockhammer. Ganz ohne Werkstätten: Fehlanzeige.

Die Hochschule nahm den Lehrbetrieb pünktlich zum Semesterstart ohne Verzögerung auf digitale Weise auf. Die Online-Lehre funktioniert gut, das zeigen interne Umfragen. Mitte April hatten dann die Aktualisierungen der Landesverordnung für Baden-Württemberg auch eine Nutzung von Werkstätten im Ausnahmefall ab Mai in Aussicht gestellt. Das war der Startschuss für die Vorbereitungen in dem Gebäude in der Holzgartenstraße: Wieviele Menschen dürfen sich in bestimmten Räumen aufhalten, welche Vorkehrungen müssen getroffen werden, wie ermöglichen wir Studierenden den Zugang?

Derzeit sind es vor allem die aktuellen Mode-Absolventen, die die Werkstätten nutzen dürfen. „Es hat richtig weh getan, im März unseren Bachelor-Raum verlassen zu müssen“, erinnert sich Mode-Studentin Corinna Bachteler. Sie richtete sich, wie ihre Kommilitoninnen auch, zuhause ein Not-Atelier ein. „Aber die Industrie-Nähmaschinen im Studiengang sind natürlich viel besser als unsere Haushaltsnähmaschine daheim“, fügt Friederike Bischoff hinzu. Mit den Maschinen allein ist es aber nicht getan, der Austausch mit den Werkstattleiterinnen unterstützt das Arbeiten auch inhaltlich.

Endlich wieder in der Werkstatt: Franziska Goll drapiert Stoff zur Formfindung ihrer Abschlusskollektion. Foto: Harald Koch

Franziska Goll arbeitet ebenfalls an ihrer Mode-Abschlusskollektion. Für Schnitt, Drapage und das Nähen ist sie wieder in den Ateliers im dritten Stock, für 2,5 Tage in der Woche. „Ich bin ein Werkstatt-Mensch, schon mein ganzes Studium über habe ich am liebsten direkt hier gearbeitet“, sagt die 25-Jährige. In ihrer Kollektion, die den Menschen und seine Beziehung zur Ikone thematisiert, verarbeitet sie Tüll, Leder, Metalle, aber auch Perlen. Bei dem Thema Material seufzen alle Absolventinnen: Der Lock-Down machte es fast unmöglich, Stoffe zu testen und zu besorgen. „Der Gestaltungsprozess erfordert ein Auge fürs Detail und lebt von haptischen Momenten. Es ist also etwas völlig anderes, eine Kollektion online zu besprechen“, sagt Corinna Bachteler. Um so einfacher ist es jetzt, wenn Textilingenieurin Doris Knodel kurz über einen Schnitt schaut und Hilfestellung geben kann.

Besonders die Studierenden im Accessoire Design und in der Mode sind auf die Ausnahmegenehmigung für die Werkstätten angewiesen, sie arbeiten seit jeher am intensivsten vor Ort in der Hochschule. Um diesen Studierenden die Möglichkeit zu geben, wurden die Öffnungszeiten erweitert. Zunächst einmal haben die Bachelor-Kandidaten Vorrang. Die strengen Belegungspläne müssen sein, auch wenn sich Kreativität nicht immer planen lässt. Kreatives Arbeiten braucht ebenfalls den Austausch, dieser ist in den letzten Wochen viel zu kurz gekommen. Auch dafür dient das Arbeiten in den Werkstätten: Die eigenen Ideen mit anderen zu reflektieren und daraus neue Erkenntnisse zu ziehen.

Das letzte Semester im Studium und die Abschlussarbeit sind eine intensive Zeit voller Aufs und Abs. Während der Pandemie stellen sich die Studierenden viel häufiger die Sinnfrage, jeder wurde auf sich selbst zurückgeworfen. Corinna Bachteler machten die letzten Monate auch nachdenklich: „Unserer Branche, die Mode-Branche, ist normalerweise sehr laut. Plötzlich ist alles anders, wir haben in das Profil lautlos gewechselt.“ Alle vier Absolventinnen starten nach ihrem Abschluss ins Berufsleben. Die Nuancen von laut und leise und der Umgang mit der eigenen Kreativität in Krisenzeiten werden sie noch lange begleiten – und hoffentlich durch die kommenden Monate tragen.