Volker Biehl: Neue Medizinprodukte-Verordnung der EU
Veranstaltung 01.10.2019 15:00 - 19:00 Uhr - IHK Nordschwarzwald Dr.-Brandenburg-Str. 6, 75173 Pforzheim
Medizintechnikprofessor der Fakultät für Technik informiert über neue Rechtslage
Nach jahrelanger öffentlicher Diskussion ist die neue Medizinprodukteverordnung der EU „EU-MDR 2017/745“ (MDR) ab dem 26. Mai 2020 verpflichtend anzuwenden. Von den neuen Regularien betroffen sind Hersteller, Händler und Importeure von Medizinprodukten, sowie Benannte Stellen, wie TÜV Süd, die Hersteller bei der Zulassung neuer Medizinprodukte hinzuziehen müssen. Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Biehl lehrt im Bachelor-Studiengang Medizintechnik an der Pforzheimer Fakultät für Technik – und wird im Rahmen der IHK-Veranstaltung „Aktuelles zu neuer Medizinprodukteverordnung der EU“ am 1. Oktober 2019 über die regulatorische Landschaft sowie die wichtigsten Änderungen der neuen MDR informieren.
Herr Biehl, an wen richtet sich Ihr Vortrag?
Mein Vortrag, ebenso wie die Veranstaltung selbst, richtet sich an Industrievertreter aus der Region. Wir wollen vor allen Dingen Mittelständler für das Thema sensibilisieren. Denn: Die dreijährige Übergangsfrist endet im Mai 2020. Das heißt: Es besteht Handlungsdruck. Diese Situation wollen wir den Unternehmen nicht nur aufzeigen, sondern bieten uns zeitgleich als beratende Hilfe entlang des anstehenden Veränderungsprozesses jetzt und in den nächsten Jahren an.
Was wird sich für die Unternehmen mit Inkrafttreten der neuen MDR ändern?
Die Hersteller von Medizinprodukten werden für sämtliche Herstellungsschritte in die Verantwortung genommen. Das Gesetz fordert vollständige Transparenz, so dass auch Zulieferer ihre Prozesse offenlegen müssen. Dadurch müssen Lieferverträge angepasst und Verantwortlichkeiten neu geregelt werden. Auch der Dokumentationsaufwand wird signifikant steigen: Technische Dokumentationen und klinische Bewertungen müssen detaillierter sein sowie strengeren und einheitlichen Standards entsprechen. Wer hier als mittelständisches Unternehmen bestehen will, muss entsprechende Audits bestehen und Zertifikate von sogenannten Benannten Stellen, wie z.B. dem TÜV Süd, vorweisen können.
Dies wird allein vor dem zeitlichen Hintergrund eine enorme Herausforderung: Die Benannten Stellen werden stark überlastet sein – auch deshalb, weil sie selbst strengeren Auflagen unterworfen werden. Dies wiederum wird dazu führen, dass es weniger Benannte Stellen geben wird, die immer mehr Audits durchführen müssen.
Wie kann die Hochschule Pforzheim, speziell der Studiengang Medizintechnik, im Rahmen dieser Herausforderungen unterstützen?
Wir präsentieren uns nicht nur im Rahmen von Vorträgen wie dem kommenden oder im direkten Gespräch mit Vertretern der Industrie als verlässlicher Ansprechpartner. Wir verankern Zukunftsthemen wie Zulassung von Medizinprodukten und Qualitätsmanagement in der MedTech-Industrie inhaltlich fest in unserem Studienplan. Wir bilden diesbezüglich die Experten von Morgen aus, die in Anbetracht der gesetzlichen Veränderungen so dringend gebraucht werden. Konkret heißt das: Unsere Studierenden unterstützen den Veränderungsprozess in der Medizintechnik-Branche schon während des Studiums aktiv, indem sie zum Beispiel Gap-Analysen oder Prozessvalidierungen im Rahmen von Bachelor-Arbeiten in den Unternehmen durchführen.
Aktuelles zur neuen Medizinprodukteverordnung der EU
Dienstag, 01. Oktober 2019
15.00 Uhr –19.00 Uhr
IHK Nordschwarzwald
Dr.-Brandenburg-Str. 6, 75173 Pforzheim
Auch im Rahmen des dritten „Annual European Medical Device and Diagnostic Strategic Product Development and Management Meetings“ am 18. und 19. September 2019 informierte Volker Biehl im belgischen Brüssel vor internationalem Fachpublikum zum Thema Änderungen durch die neue MDR. Die Konferenz richtete sich an Produktmanager der Medizintechnik-Branche. Volker Biehl zeigte in seinem Vortrag „EU MDR and IVDR Challenges – Industry Perspective“ Wege auf, den Herausforderungen der neuen gesetzlichen Grundlage zu begegnen – und dabei marktfähig zu bleiben. Bereits im Vorjahr war der Experte für Medizintechnik hier als Referent vertreten.
Hintergrund: Prof. Biehl
1984 nahm Volker Biehl an der Universität des Saarlandes zunächst den Diplom-Studiengang Werkstoffwissenschaften auf und promovierte im Anschluss. Im Sommer 2001 habilitierte er sich und leitete während dieser Zeit gemeinsam mit zwei weiteren Kollegen und späteren Professoren zudem eine Forschungsgruppe im Bereich der Biomaterialien. 2002 nahm er schließlich seine erste Tätigkeit in der Industrie auf: Vier Jahre leitete er die Abteilung „Test & Analyse“ bei Stryker Leibinger in Freiburg i.Br., Tochter des US-amerikanischen Unternehmens Stryker Corporation, einem weltweit führenden Hersteller medizintechnischer Produkte. In den darauffolgenden Jahren war der Experte für Werkstoffkunde für DENTSPLY Implants, eine Tochter des amerikanischen Dental-Unternehmens DENTSPLY International Inc., am Standort Mannheim tätig. Bei dem Hersteller von Zahnimplantaten leitete Volker Biehl die Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Unter seiner Führung wurden zahlreiche innovative Produkte entwickelt und international auf den Markt gebracht. Er unterstützte und begleitete dabei zahlreiche Audits, Zertifizierungsprozesse und Produktzulassungen. Zum Sommersemester 2016 folgte Volker Biehl dem Ruf an die Hochschule Pforzheim. Der Schwerpunkt seiner Lehre im Bachelor-Studiengang Medizintechnik liegt in den Bereichen Qualitätsmanagement und Zulassung von Medizinprodukten.
Hintergrund: Medizintechnik in Pforzheim studieren
Durch den demografischen Wandel, das verstärkte Gesundheitsbewusstsein und den medizinisch-technischen Fortschritt ist die Medizintechnik-Branche seit Jahren im Aufwind. Die Bundesregierung hat die Gesundheitswissenschaften zur Schlüsseltechnologie für Deutschland erklärt und als Wachstumsmotor der Zukunft identifiziert. In der Übersicht der Bundesländer nimmt Baden-Württemberg mit über 250 Unternehmen und mehr als 32.000 Beschäftigten im medizintechnischen Bereich eine führende Rolle ein. Auf diesen Aufwärtstrend hat die Hochschule Pforzheim mit der Einrichtung des Bachelor-Studiengangs Medizintechnik reagiert. Dieser wurde in enger Abstimmung mit Medizintechnik-Unternehmen der Region konzipiert und ging im Wintersemester 2012/2013 an den Start. Absolventen des Studiengangs arbeiten in der Entwicklung, der Zulassung und im Vertrieb medizintechnischer Produkte, in der Beratung von Industrieunternehmen und öffentlichen Institutionen des Gesundheitswesens oder im Rahmen der Einrichtung, der Instandhaltung oder des Qualitätsmanagements in Kliniken und Laboren.