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Zum Weltverbrauchertag: Pforzheimer Verbraucherforscher berät Politik

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Wie Bürger ihre guten Rechte tatsächlich durchsetzen können

Professor Dr. Tobias Brönneke im Deutschen Bundestag.

Das Zentrum für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum (vunk) an der Hochschule Pforzheim berät seit Jahren Politik und Verbraucher zu aktuellen Fragen des Verbraucherschutzes. Mit dem Ziel, dass diese nicht nur auf dem Papier stehen, sondern Verbraucher ihre guten Rechte auch tatsächlich durchsetzen können. Mit Blick auf den Weltverbrauchertag am Sonntag, 15. März 2020, empfiehlt Professor Dr. Tobias Brönneke, Leiter des vunk der Politik, in verbraucherpolitischen Fragen den Rechtsvollzug entscheidend zu stärken. „Man hat kein Recht, wenn man keinen Rechtsschutz hat“, zitiert Brönneke eine berühmte Entscheidung des Supreme Court der USA (Marbury vs. Madison bereits 1803 ergangen).

Brönneke, der soeben von einer Expertenrunde im Bundestag aus Berlin zurückgekehrt ist, in der er Rechtspolitikern Mängel bei der bestehenden Rechtslage erläuterte und Möglichkeiten zu ihrer Beseitigung vorschlug, erläutert zudem: „Es geht nicht, dass Unternehmer, deren Geschäftsmodell auf einer Übervorteilung von Verbrauchern aufbaut, Gewerbeämter nicht fürchten müssen, weil diese regelmäßig ein Einschreiten verweigern“, so Brönneke, der zugleich Vorsitzender der Verbraucherkommission Baden-Württemberg ist. So gebe es beispielsweise Weinverkäufer, die Kunden eher mittelmäßige Weine zu erheblich überteuerten Preisen verkaufen. Bei Senioren geschehe dies etwa unter Anwendung psychologischer Tricks und zum Teil nach Ausspähung von deren finanziellen Möglichkeiten. Ähnliches sei bei Not-Türöffnungen oder Rohrreinigungsnotdiensten bekannt. Die Gewerbebehörden müssten einschreiten, indem der Gesetzgeber den Verbraucherzentralen, bei denen eine Vielzahl solcher Beschwerden auflaufen, ein besonders ausgestaltetes Anzeigerecht an die Gewerbebehörden verleihen würde.

Das Buch: Verbraucherrechtsvollzug. Zugang der Verbraucher zum Recht.

Auch könne es nicht sein, dass zwar die Rechtswidrigkeit von Unternehmerhandeln gerichtlich festgestellt wird, die Unternehmen aber die Unrechtsgewinne behalten dürften. Solange dies so sei, werde der unter Juristen bekannte Spruch „Der Bruch von Wettbewerbs- und Verbraucherrecht lohnt sich!“ weiter Gültigkeit haben. „Weil die rechtsbrüchigen Unternehmen keine wirklichen Sanktionen wie Schadensersatz oder Bußgelder fürchten müssen“, erklärt Tobias Brönneke.

Das vunk hatte Ende vergangenen Jahres einen vielbeachteten Kongress zum Vollzug des Verbraucherrechts und zum Zugang der Verbraucher zum Recht veranstaltet. Die Ergebnisse der Diskussionen sind nun in Beiträgen von Pforzheimer Professorinnen und Professoren wie auch renommierter Juristinnen und Juristen in einem umfassenden Themenband erschienen. Unter anderem. haben auch der Vizepräsident des Bundeskartellamts Prof. Dr. Konrad Ost, der frühere Präsident des Bundesgerichtshofes Prof. Dr. Günter Hirsch, sowie leitende Beamte des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sowie der EU-Kommission tiefe Analysen der Situation und  Vorschläge zur Verbesserung geliefert. „Es ist schön, dass unsere wissenschaftliche Expertise nun rechtzeitig zum Weltverbrauchertag in Form eines grundlegenden wissenschaftlichen Handbuches erscheint.  Die Politik muss bei den vielfältigen Vorschlägen nur zugreifen“, meint Brönneke.

Das Buch:
Verbraucherrechtsvollzug. Zugang der Verbraucher zum Recht. Herausgegeben von Prof. Dr. Tobias Brönneke, Prof. Dr. Andreas Willburger und Sabine Bietz, Baden-Baden (Nomos), 2020.

ISBN 978-3-8487-6633-8.