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RE-Kolloquium: Japan forciert den Einsatz regenerativer Energietechniken

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Fukujima wirft seinen Schatten auf die japanische Energiepolitik

Bild: H. Hottenroth

Fukujima wirft seinen Schatten auf die japanische Energiepolitik

Auch in Japan erfolgt derzeit eine Energiewende, davon ist der Unternehmer und Japanexperte Dr. Tilo Schmid-Sehl fest überzeugt. Nach wie vor sind die 50 japanischen Kernkraftwerke abgeschaltet. Nur im Sommer waren zwischenzeitlich zwei Atommeiler am Netz. Japan muss seine Energieträger komplett aus dem Ausland exportieren, im Wert von 250 Milliarden Dollar jedes Jahr. Deshalb steigt der wirtschaftliche Druck, Alternativen zu finden. Seit Sommer 2012 gibt es auch in Japan Einspeisevergütungen für Strom aus regenerativen Quellen. Sie liegen sogar höher als in Deutschland. Seitdem steigt der Ausbau der alternativen Energieformen rapide an, wie Schmidt-Sehl mit neuen Statistiken im Ressourceneffizienz-Kolloquium der Hochschule Pforzheim belegte.

Bei der Nutzung der Geothermie sind die Japaner noch zurückhaltend. Sie fürchten Auswirkungen auf ihre beliebten heißen Quellen. Nahezu unerschöpflich sind dagegen die Potenziale bei Biomasse. Japan ist wesentlich stärker bewaldet als Deutschland, nutzt diesen Wald aber praktisch nicht. Genau hier setzen neue Kooperationen mit Deutschland an, z.B. mit Forstwissenschaftlern aus Baden-Württemberg. Noch hat Deutschland bei den regenerativen Energien einen Vorsprung. Aber Japan holt auf. Bei Windkraft, bei Solarenergie. Schon heute ist Japan führend im Bereich der intelligenten Haussteuerung, also wenn es darum geht, Erzeugung und Verbrauch von Energie rund um den Haushalt zu optimieren. Hier setzt Japan auch gezielt auf moderne Technologien wie z.B. den stationären Brennstoffzellen, der so genannten EneFarm, einer Gemeinschaftsentwicklung mehrerer großer Technologiekonzerne in Japan.
Deshalb sieht der promovierte Wirtschaftswissenschaftler, der jahrelang Manager bei der Daimler AG war und deren Finanzierungsgesellschaften in Japan geleitet hat, gute Chancen für den Bioenergiemarkt und die Zusammenarbeit zwischen deutschen und japanischen Firmen. Er hat heute seine eigene Firma, mit der er Energieprojekte im regenerativen Bereich initiiert und koordiniert – in Asien, aber auch im Nahen und Mittleren Osten.

Schmid-Sehl erwartet, dass Japan im regenerativen Bereich schnell aufholen wird: „Die Japaner sind gut im Lernen von den Erfahrungen anderer“. Und sie organisieren sich beim Wissensaustausch anders als die ängstlichen und von Ideenklau geplagten Europäer. Schmid-Sehl schilderte das eindrucksvolle Beispiel der „Open-Source“-Entwicklung eines Elektroautos, SIM-DRIVE, an dem jeder der wollte, sein eigenes Know-how einspeisen konnte und vom Know-how der Anderen lernen durfte. Zahlreiche namhafte Firmen nahmen an dem Projekt teil und entwickelten ein hochinteressantes Konzeptauto. Es schafft eine Geschwindigkeit von 180 km/h, hat eine Reichweite von 351 km und bietet Platz wie in einer S-Klasse. Das wäre in Deutschland undenkbar.