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Einblick in die Klimarelevanz von Lieferketten

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Forschungsprojekt entwickelt Berechnungsmethode für Emissionen von Unternehmen

Diskussion auf dem Workshop mit den Partnern Dr. Mrowietz und Dr. Chang (Volkswagen AG) und Dipl.-Kff. Engel, Prof. Dr. Spengler und Dr. Walter (TU Braunschweig)

Projektmitarbeiter Dipl.-Betriebswirtin (FH) Sabine Walter und Dipl.-Volksw. Christian Haubach

Forschungsprojekt entwickelt Berechnungsmethode für Emissionen von Unternehmen

Wie sieht die Klimabilanz eines produzierenden Unternehmens aus? Sie lässt sich nicht einfach per Mausklick errechnen, müssen doch die Emissionen der Lieferanten und damit die komplexen Lieferbeziehungen einbezogen werden. Gerade in Zeiten der globalen Arbeitsteilung ist das ein wichtiges Thema, denn oft finden die relevanten Treibhausgase gar nicht mehr am eigenen Firmenstandort ihren Weg in die Atmosphäre, sondern in Rumänien, Indien oder China. Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Projektes EINBLIK, das derzeit am IAF bearbeitet wird. Mit dabei sind hochkarätige Partner, z.B. Wissenschaftler von der Technischen Brauschweig unter der Leitung von Vizepräsident Prof.

Thomas Spengler sowie Experten aus der Volkswagen AG und der Firma Systain aus der Otto-Gruppe („Otto-Versand“).

Auf einem Workshop an der Hochschule Pforzheim stellten die Praxispartner nun ihre Erfahrungen vor, die sie mit dem von den Wissenschaftlern entwickelten Ansatz gewonnen haben. Dr. Norbert Jungmichel von Systain zeigte, wie sich die Emissionen bei der internationalen Lieferkette für Textilien auf die einzelnen Fertigungsschritte verteilen. Dazu wurden umfangreiche Recherchen im Ausland, u.a. in der Türkei und in Indien durchgeführt. Problem: Häufig hat man es hier mit kleinen und kleinsten Unternehmen zu tun, die Schwierigkeiten haben, den Sinn und den Ablauf solcher Zahlenerhebungen zu verstehen. Außerdem besteht ein großes Misstrauen, was mit den Zahlen dann gemacht wird und ob sie nicht gegen sie verwendet werden. Die eingesetzten Methoden müssen deshalb einfach und robust sein.

Bei der Volkswagen AG stand dagegen eher der Vergleich verschiedener Produktionswerke im Vordergrund. Dr. Michael Mrowietz stellte vor, welche Möglichkeiten es gibt, den entwickelten Ansatz in größeren Unternehmen konkret einzusetzen. Entscheidend ist allerdings, dass die notwendigen Informationen von den Lieferanten bereitgestellt werden. Diese Daten reduzieren sich allerdings auf eine Zahl pro Lieferant. Großer Vorteil: Das Unternehmen muss nicht die gesamte Lieferkette abschreiten und die Daten von allen Vorlieferanten beschaffen, sondern nur von ihren unmittelbaren Lieferanten („first tier“), die sich ihrerseits dann um ihre eigenen Lieferanten bemühen müssen.

Liegen die Zahlen nicht vor, so kann mit Schätzwerten aus der umweltökonomischen Gesamtrechnung gearbeitet werden, wie Volkswirt Christian Haubach vom IAF vorstellte. Gerade bei Konzernen ist jedoch die Einhaltung von Bilanzierungsvorschriften notwendig. Hier kann man sich an einschlägige internationale Systeme aus der Konzernbilanzierung orientieren, wie IAF-Betriebswirtin Sabine Walter erläuterte.

Auch für innerbetriebliche Entscheidungsprozesse ist der Ansatz hilfreich, wenn man die Zahlen im Detail analysiert. Sie bieten die Grundlage für Effizienzanalysen, bei der festgestellt werden kann, ob Anlagen oder Standorte im Vergleich zu anderen Verbesserungspotenziale habe. Dazu stellte Dipl.-Kff. Britta Engel von der TU Braunschweig eine spezielle statistische Auswertungsmethode vor.

Wird die Methode in der Praxis eine Bedeutung haben oder nicht? Von den anwesenden Fachleuten aus Wissenschaft und Wirtschaft plädierte insbesondere Dr. Moritz Nill von PriceWaterhouseCooper Berlin für die Weiterentwicklung dieses Ansatzes. Er sei bestechend in seiner Einfachheit und dringend notwendig innerhalb der Diskussion über Klimaschutz und Emissionshandel. Teilweise wüssten die Unternehmen überhaupt nicht, welche Emissionen mit ihrer Produktion außerhalb ihres Standortes verbunden sind. Die Durchführung von Ökobilanzen sei dafür viel zu aufwendig. Vielmehr seien Verfahren erforderlich, die sich auf breiter Ebene automatisieren lassen und ständig aktualisierte Daten liefern. Prof. Mario Schmidt sieht hierin auch den entscheidenden Vorteil der von ihm entwickelten Kumulierten Emissionsintensität.