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Ein Jahr neue Medizinprodukteverordnung

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Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Biehl (Hochschule Pforzheim), Debora Engel (Amann Girrbach GmbH), Arjan J. H. Stok (STOQ Management) (v.l.n.r.)

Im Rahmen der von der Hochschule Pforzheim ausgerichteten Veranstaltungsreihe „<link https: engineeringpf.hs-pforzheim.de fakultaet unternehmen vortragsreihe_industrie_trifft_hochschule external-link-new-window den link auf der gleichen>ITH – Industrie trifft Hochschule“ fand im März 2018 das Fachgespräch „Ein Jahr Medizinprodukteverordnung – Erste Erfahrungen und neue Erkenntnisse“ statt. Die Besucher der Veranstaltung, teils von verschiedenen Unternehmen aus der Region und teils von der Hochschule Pforzheim, hörten drei Fachvorträge aus Wissenschaft und Praxis. Thema waren dabei die Änderungen und Folgen für Hersteller durch die neue Verordnung.

Begrüßt wurden die Besucher von Prof. Dr.-Ing. Martin Pfeiffer, Prodekan des Fachbereichs Informationstechnik der Fakultät für Technik der Hochschule Pforzheim. Die neue Medizinprodukteverordnung, die im Mai 2017 in Kraft getreten ist und ab Mai 2020 verpflichtend für alle Medizinproduktehersteller ist, stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. „Deshalb ist es wichtig die neue Verordnung genau zu kennen und rechtzeitig die Umsetzung in Angriff zu nehmen“ so Prodekan Dr.-Ing. Martin Pfeiffer, „Sie werden heute Abend kompetente Ansprechpartner kennenlernen.“

Den ersten Vortrag hielt <link https: www.hs-pforzheim.de profile volkerbiehl external-link-new-window den link auf der gleichen>Prof. Dr.-Ing. habil. Volker Biehl, der an der Hochschule Pforzheim den Schwerpunkt „Qualitätsmanagement und Zulassung von Medizinprodukten“ vertritt. Die neue Medizinprodukteverordnung (MDR), die im Mai 2017 in Kraft trat, stellt die Medizintechnik-Branche vor große Herausforderungen, erklärt der habilitierte Werkstoffingenieur. Er gab einen Überblick über die regulatorische Landschaft und ging im Anschluss auf die wichtigsten Änderungen der neuen MDR ein.

Warum überhaupt eine neue Medizinprodukteverordnung? In den letzten 20 Jahren haben sich Mängel der alten MDR gezeigt, die sich z.B. durch Skandale und Vorfälle in der Medizinproduktewelt offenbart haben. Um für mehr Effizienz, Koordination und Wirksamkeit der Verordnung und nicht zuletzt einer sicheren Rechtsgrundlage zu sorgen, wurde die alte MDR überarbeitet. Zu den wichtigsten Änderungen gehören:

  • Die Neuregelung der Marktüberwachung mit kürzeren Meldefristen.
  • Zusätzliche Berichte und Pläne wie: Post Market Surveillance Plan/Report (PMS), Post Market Clinical Follow-up Report (PMCF), Periodic Safety Update Report (PSUR), Summary of Safety and Clinical Performance (SSCP).
  • Wesentlich höhere Anforderungen bei der Erstellung von klinischen Daten der eigenen Produkte, beispielsweise in der klinischen Bewertung.
  • Die zeitlich gestaffelte Einführung einer UDI-Kennzeichnung.
  • Die Höherklassifizierung bestimmter stofflicher und chirurgisch-invasiver Medizinprodukte.

„Die klinische Dokumentation der eignen Produkte stellt für kleinere und mittlere Unternehmen die größte Hürde dar, da eine Neuzertifizierung auch für Produkte notwendig ist, die schon sehr lange auf dem Markt sind.“, sagt Prof. Volker Biehl.

Mit dem Thema „Die neue EU-Medizinprodukteverordnung – Weitreichende Änderungen für die Hersteller von Medizinprodukten“ zeigte Debora Engel, Leiterin RA der Amann Girrbach GmbH, welche Meilensteine bei der Einführung der neuen MDR in ihrem Unternehmen bisher gemeistert wurden. Als Vorreiter in der dentalen CAD/CAM-Technologie zählt Amann Girrbach zu den führenden Innovatoren und bevorzugten Full-Service-Anbietern in der digitalen Dentalprothetik. Sie ist Lieferant der kompletten dentalen (digitalen) Prozesskette. Mit ersten Vorbereitungen startete das Unternehmen die Einführung bereits im Juni 2016. Mit Fortbildungen, Gesprächen mit der Geschäftsleitung und betroffenen Abteilungen wurde erste Ziele abgesteckt. Eine GAP-Analyse im November 2017 identifizierte weitere ToDo´s, die in einen internen Projektplan mündeten und nun mit dem Ziel der Zertifizierung der Firma bis Mitte 2019 abgearbeitete werden. „Unser Problem stellen im Moment die Medizinprodukte dar, die wir nicht selbst herstellen, aber unser Name draufstehlt. Wir werden eine Sortimentsbereinigung vornehmen müssen: alles selbst produzieren oder unter dem Label des Herstellers weiterverkaufen“, skizziert Debora Engel eine der Fragestellungen, die die neue MDR aufwirft.

Den Abschluss des Programms bildete Arjan J. H. Stok Geschäftsführer der STOQ Management. Sein Vortrag zum Thema „EU-Medizinprodukte-Verordnung – Zu den unternehmerischen Risiken und Nebenwirkungen“ zeigte, wie wichtig es ist besonders den Zeitplan für die Neuzertifizierung im Augen zu behalten.“ Beginnen Sie jetzt mit der Vorbereitung“, appelliert Arjan J. H. Stok.

In der neuen Ordnung werden klinischen Daten mehr Bedeutung zugesprochen. Neu ist, dass die Hersteller einen klinischen Entwicklungsplan einschließlich eines Planes für die klinische Nachbeobachtung nach dem Inverkehrbringen erstellen müssen. Vorhandene Lücken müssen durch klinische Studien oder Anwendungsbeobachtungen geschlossen werden. Als Teil der Technischen Dokumentation muss der Hersteller zudem einen Bericht über die klinische Bewertung verfassen. Damit ist die Branche herausgefordert, denn für klinische Studie im erwartetet Umfang fehlen oftmals Fachexperten. „Die Belastung für kleine und innovative Unternehmen ist überproportional hoch, denn vor allem mehr personelle Ressourcen werden bei der Umsetzung verlangt“, weiß Arjan J. H. Stok. Einige Unternehmen werden ihre Qualitätsmanagementstruktur überarbeiten müssen, um die Einhaltung der Regierungsvorschrift gewährleisten zu können. Um die klinischen Dokumentationen anfertigen zu können, wird sich die Beziehung zwischen Lieferant und Kunde verändern müssen. „Der Kunde ist zukünftig nicht mehr König, denn er muss das Feedback über das Produkt liefern“, so Arjan J. H. Stok

Im Anschluss an die Vorträge wurde das abendliche Programm mit einer offenen Diskussion beendet, in der die Besucher der Veranstaltung Fragen an die drei Experten stellen konnten. Die Veranstaltungsreihe „ITH – Industrie trifft Hochschule“ vernetzt Akteure aus den unterschiedlichsten beteiligten Bereichen: Forscher, Hersteller, Dienstleister, Kostenträger, und weitere Akteure.

Die Veranstaltungsreihe wird mit weiteren spannenden Themenbereichen fortgesetzt:

Donnerstag, 07. Juni 2018
„Chancen der digitalen Transformation im Unternehmen nutzen“ | Prof. Dr. Rebecca Bulander

Donnerstag, 25. Oktober
„Messunsicherheit und Tolerierung“ | Prof. Dr.-Ing. Frank Lindenlauf

Donnerstag, 06. Dezember 2018
„Die flexible Fabrik“ | Prof. Dr.-Ing. Reiner Bührer

Donnerstag, 28. März 2019
„Agilität im Unternehmen“ | Prof. Dr.-Ing. Werner Engeln

Donnerstag, 23. Mai 2019
„Moderne optische Messtechnikverfahren“ | Prof. Dr. nat. Jürgen Bauer