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Nie wieder Krieg! Fotografieprojekt zum 8. Mai

News

Lehrbereich Künstlerische Fotografie – Prof. Dr. Silke Helmderdig

Am 8. Mai jährt sich die Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschen Reiches zum 75. Mal. Zu diesem Anlass sehen wir in den Zeitungen wieder Bilder aus der Zeit des 2. Weltkrieges und von dessen Ende. Dieser Krieg, sowie auch viele andere Kriege, bleibt uns in fotografischer Form in Erinnerung.

Viele von uns kennen heute Krieg nur als fotografische Bilder. Das ist nicht verwunderlich, da Fotografie historisch eng mit dem Thema Krieg verbunden ist. Schon im 19. Jahrhundert wurden Kriege fotografisch begleitet. Die Briten entsandten den Fotografen Roger Fenton, um den Krimkrieg zu dokumentieren. Da seine Kamera noch groß und unhandlich war, fuhr er hinter der Front her und dokumentierte deren Hinterlassenschaften im Nachhinein. Erst im 20. Jahrhundert werden mithilfe handlicherer Kameras Kriegsfotografen zu Begleitern der Kriegshandlungen. In ihrem Buch „Das Leider anderer betrachten“ (2003) verweist Susan Sontag auf ein Buch von Virginia Woolf, in dem diese ihren Gedanken über das Grauen fotografischer Darstellungen aus dem spanischen Bürgerkrieg der 1930er Jahre Ausdruck verleiht. Seitdem sind Kriege und ihre Fotos ständige Bebilderungen in Zeitungen und Zeitschriften und halten so Einzug in die Räume unserer Wohnungen.

Auch wenn Deutschland sich seit den 1990er Jahren wieder an Kriegshandlungen in anderen Ländern beteiligt, ist es doch seit 75 Jahren frei von Krieg auf eigenem Boden. Wir schätzen uns glücklich, dass für die meisten von uns heute Krieg nur in Form von Fotos in unsere Leben kommt. Wir wissen, wie Krieg aussieht — wie er sich anfühlt, wissen wir (zu unserem Glück) nicht.

Von den früheren Kriegen sind Gedenkstätten, Erinnerungen, Bilder und viele Städte, in denen große Teile der Bebauung erst nach 1945 datieren, übrig geblieben. Vielfach speist sich das Gedächtnis aus fotografischen Archiven.

Aus dieser abstrakten Entfernung haben sich Studierende der Fakultät für Gestaltung im Fach „künstlerische Fotografie“ mit dem Slogan „Nie wieder Krieg!“ beschäftigt.

"Vielleicht mißt man dem Erinnern heute zuviel Wert bei — und dem Denken nicht genug", schrieb Susan Sontag. Deshalb haben wir den Jahrestag der deutschen Kapitulation zum Anlass genommen, uns aus dem sicheren Abstand von 75 Jahren mit dem für uns Unvorstellbaren zu beschäftigen und darüber nachzudenken, was für uns weit weg scheint, aber für zu viele Menschen in zu vielen Ländern immer noch wirklich ist.

Deshalb gedenken wir mit dem Wunsch: Nie wieder Krieg!

 

Niclas Hasemann

 

Niclas Hasemann hat sich im Fach künstlerische Fotografie in diesem Semester entschieden, digital zu arbeiten und eine Präsentationsform gewählt, die dem Medium entspricht. In GIFs lässt er lustig animiert kriegerische Handlungen in Endlosschleife ablaufen. Was so visuell leicht konsumierbar daher kommt, zeigt auf die Spitze getrieben unseren Umgang mit Kriegsbildern. Tag um Tag, Woche um Woche, Monat um Monat und Jahr um Jahr bekommen wir Bilder von immer neuen Kriegen in unsere Wohnungen gespielt und konsumieren diese leichtfertig aus der sicheren Entfernung der medialen Übertragung.

Niclas Hasemann auf Instagram unter @nic.hase.nic

Carl Eller

Carl Eller, Lisa van Wersch und Georg Pfister beginnen ihre Überlegungen mit Bildern aus den Weltkriegen und von der folgenden Flucht aus den Archiven von Eltern und Großeltern. Diese Bilder werden auf unterschiedliche Art ins Jetzt geholt.

Carl Eller verbindet Bilder seines Großvaters mit Bildern, die er selbst auf einer Reise nach Nepal und Nordindien gemacht hat. Auf dieser Reise hielt er Ausschau nach Zeichen der Vertreibung der Tibeter, die ihm nun im Vergleich mit den Bildern seines Großvaters das fremde Schicksal nahe bringen.

Carl Eller auf Instagram unter @_carleller

Lisa van Wersch

Lisa van Wersch lässt Originalfotos aus dem zweiten Weltkrieg mit Wellenschnitt über den Scanner auf Pflanzen- und Holzfragmente treffen. Das Spiel von Schärfe und Unschärfe vor tiefem Schwarz und der Eingriff der Hände verstärken die Begegnung von ferner Vergangenheit und Gegenwart.

Lisa van Wersch auf Instagram unter @lisavanwersch

Georg Pfister

Georg Pfister kreiert ein symbolgeladenes Triptychon um eine Munitionsdose der US Army. Er startet, indem die Dose Bildern aus der Vergangenheit im Jetzt begegnet.

Natalie Berndt

 

Natalie Berndt findet Spuren in der Innenstadt von Pforzheim. Fotografiert in einer Zeit seltsam anmutender Menschenleere zeigen ihre Bilder zwei Erinnerungsorte: den Platz der ehemaligen Synagoge und den Platz des 23. Februar. Beide Bilder sind zur Verstärkung nachbearbeitet.

Natalie Berndt auf Instagram unter @natie457

Vladimir König

Vladimir König sucht als Sinnbild eine grafische Form an der heutigen Synagoge in Pforzheim. In diesem vordergründig grafisch erscheinenden Bild deuten sich die Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs und der Zeit des Nationalsozialismus an und haben doch eine klare Präsenz. Davidstern, Kamera und Parkverbotsschild werden zu mahnenden Erinnerungszeichen.

Vladimir König auf Instagram unter @vladi_vladi

Matthias Walz

Matthias Walz findet in seiner direkten Umgebung in Pforzheim einen Ort, der in dem reduzierten fotografischen Ausschnitt an Bilder aus Kriegsgebieten erinnert. Die Darstellung eines Ortes erzählt nichts über dessen wahre Beschaffenheit. Das Foto kann aber Assoziationen hervorrufen, die von weit entferntem erzählen.

Matthias Walz auf Instagram unter @mtthswlz

Ilakkiyah Ratnasingam

 

Bei Ilakkiyah Ratnasingam wird ein Ort, der im Ersten Weltkrieg als Kaserne diente, bereit gemacht, um aus Kriegsgebieten Geflüchteten eine Unterkunft zu bieten.

Ilakkiyah Ratnasingam auf Instagram unter @illi­­­­­­­­_r

Marina Voronina

 

Marina Voronina sucht angesichts des Aufrufes zu Hause zu bleiben im Gedenken an Anne Frank in den eigenen vier Wänden nach Bildern der Isolation und dem Begehren daraus auszubrechen.

Svenja Schenk

Svenja Schenk beschäftigt sich mit der Abstraktheit des Themas. Wie kann man sich einem Thema nähern, das einem gänzlich unbekannt erscheint? Sie bleibt auf der abstrakten Ebene der Sprache und nähert sich über die Begriffe. Ihr Blick beschäftigt sich mit der schriftlichen Behandlung der Thematik in Lexika.

 

Clara Emmerling

 

Clara Emmerling abstrahiert das Thema durch Oberflächen und Formen, die in Bearbeitung und versetzter Wiederholung über die Unbegreiflichkeit des Themas erzählen und eine propagandistische Nutzung der Bilder unmöglich machen.

Clara Emmerling auf Instagram unter @cla_agott

Markus Feifel Pargas

 

Markus Feifel Pargas erschafft durch Montage Monster des Krieges. Das Monster aus Gebeinen erinnert uns an all die sinnlos in Kriegen Gefallenen.

Markus Feifel Pargas auf Instagram unter @markusfeifelpargas

Svenja Dalferth

Svenja Dalferth kombiniert die Oberflächen von Kriegsdenkmälern mit aktuellen Bildern von Kriegshandlungen und erzählt so von dem endlosen Kreislauf von Handlung und Erinnern.

Svenja Dalferth auf Instagram unter @fredenja

 

 

Lena Sophie Pfeiffer

 

Lena Sophie Pfeiffer macht uns mit bearbeiteten Grabengeln Mut, farbenfroh die Hoffnung nicht zu verlieren.

Lynn Johannsen

Bei Lynn Johannsen entsteht Rückgrat aus der Wiederholung einer geborstenen Wandoberfläche, während Jakob Dewald für das Unvorstellbare innere Bilder der Beklommenheit findet.

Lynn Johannsen auf Instagram unter @lynni_fromtheblock

Jennifer Schmidt

Jennifer Schmidt funktioniert ein Gewehr zur Vase um und heißt es, so entmachtet, im häuslichen Umfeld willkommen.

Jennifer Schmidt auf Instagram unter @jennifer_laura_

Ivan Koltun

 

Ivan Koltuns Fotos zeigen Männerhände. Sie werden zu skulpturalen Zeichen von Stärke, Macht und Unterwerfung.

Jasmin Mahmoud

Wenn sich zu guter Letzt Jasmin Mahmoud Kriegsverhütung wünscht, indem sie eine Pistole und eine Granate in Kondome sperrt, hofft sie darauf, dass ihre Metapher irgendwann überall auf der Welt Wirklichkeit werden kann und auch Menschen in anderen Ländern soviel Glück haben werden, ein Leben ohne kriegerische Auseinandersetzungen zu führen — und das über viele Generationen.

Jasmin Mahmoud auf Instagram unter @j.mhoud

Jakob Dewald

Pressekontakt: birgit.meyer(at)hs-pforzheim(dot)de, Tel: +49 (7231) 28-6718