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Forschen, wie die Funken fliegen

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Funkenflug ist eine oft als lästig, vielfach auch als gefährlich eingestufte Begleiterscheinung bei der Bearbeitung von Metallen. In einem durch das Land Baden-Württemberg geförderten Forschungsvorhaben wird jetzt auch die nützliche Seite des Funkenfluges mit Unternehmensbeteiligung wissenschaftlich untersucht: Die Professoren Kai Oßwald und Jörg Woidasky von der Fakultät für Technik der Hochschule Pforzheim arbeiten hierfür mit dem Edelstahlrecyclingunternehmen CRONIMET aus Karlsruhe zusammen. Ziel des Vorhabens mit dem Akronym AMIKA für „Automatisierte Metallidentifikation für die Kreislaufwirtschaft“ ist es, ein schnelles und einfaches Verfahren zur Erkennung und Unterscheidung von Metall-Legierungen zu entwickeln.

„An sich ist die Funkenprobe nichts Neues, sie wurde und wird in vielen Betrieben einfach mit einem Trennschleifer durchgeführt. So lässt sich feststellen, welchen Hauptwerkstoff, wie z. B. Eisen, Aluminium oder Titan man in Händen hält“, erläutert Prof. Oßwald, der an der Hochschule Fertigungsverfahren lehrt und dazu forscht. „Allerdings sind für die Fertigung zahlreiche Legierungen im Einsatz, die neben dem Hauptwerkstoff zahlreiche weitere Elemente wie Kohlenstoff, Chrom oder Mangan enthalten. Solche Legierungen anhand des Funkenbildes zu unterscheiden, erfordert jahrelange Übung und Erfahrung“.

Genau an solchen Unterscheidungen ist das Unternehmen CRONIMET interessiert. Das Recyclingunternehmen betreibt unter anderem in Karlsruhe einen großen Lager- und Sortierbereich für legierte Schrotte: „Je genauer wir Legierungen erkennen und sortieren können, desto höher ist die Wertschöpfung unseres Unternehmens, aber auch die Ressourceneffizienz und Umweltentlastung“ stellt Geschäftsführer Marijo Zeljko heraus. „Wir möchten langfristig sicherstellen, dass Legierungselemente im Werkstoffkreislauf verbleiben und nicht verdünnt und in andere Legierungen verschleppt werden. So können diese aufwändig gewonnenen Elemente mehrfach ihre Funktion erfüllen und gehen nicht verloren.“

Dieser Aspekt der Nachhaltigkeit hat auch Professor Jörg Woidasky zur Mitwirkung motiviert, der das Themenfeld der „Nachhaltigen Produktentwicklung“ an der Hochschule vertritt. „Wir möchten die Schrottwirtschaft dabei unterstützen, schnelle und gleichzeitig verlässliche Erkennungsverfahren einzusetzen. Dabei nutzen wir die bewährte Funkenidentifikation, kombinieren sie aber mit neuen Mess- und Auswertungstechniken. So können wir die bestehenden Arbeitsplätze hier in Deutschland aufwerten, denn der Mensch ist beim Greifen und Sortieren solcher Schrotte unschlagbar effizient. Wenn er dann bei der Erkennung der Werkstoffe entsprechend unterstützt wird, lassen sich auch langfristig solche Arbeiten in Baden-Württemberg wirtschaftlich durchführen. Und ökologisch sinnvoll ist das Metallrecycling allemal.“

Ziel des vorgeschlagenen Vorhabens ist es, einen Demonstrations-Arbeitsplatz für eine einfache, schnelle und robuste Metallsortierung aufzubauen, die die wichtigsten Vorteile der manuellen Sortierung anhand von Funkeneigenschaften mit denen spektroskopischer Analysengeräte verbindet. Damit soll die Kreislaufschließung im Bereich metallischer Rohstoffe, insbesondere bei Schnellarbeitsstählen (HSS) unterstützt und so verhindert werden, dass hochwertige Schrotte aufgrund hoher Sortier- und Identifikationsaufwände exportiert und so dem regionalen Wertschöpfungskreislauf entzogen werden.

Während die Funkenprobe in den 1960er Jahren intensiv als praxisgerechtes Verfahren zur Identifikation von Werkstoffen in der Produktion untersucht wurde, begannen in den 1980er Jahren Versuche, um das Verfahren in der Schrottwirtschaft zu etablieren. Sie verlor in den folgenden Jahrzehnten unter anderem aufgrund der hohen Anforderungen an die Durchführenden an Bedeutung. Das Forschungsvorhaben AMIKA möchte nun die Fortschritte bei  erschwinglicher digitaler Spektrometer- und Auswertungstechnik der vergangenen Jahrzehnte nutzen, um das Verfahren zukunftsfähig zu gestalten. Durch die Einbeziehung des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt soll sichergestellt werden, dass neben der Funkenfarbe auch die Form des Funkenschweifs bei der automatisierten Erkennung berücksichtigt wird.

Zukünftig sollen dadurch grundsätzlich sortierfähige Chargen nicht mehr vermischt bleiben und so ein technischer und wirtschaftlicher Wertverlust vermieden werden. Das Vorhaben entwickelt dafür eine praxisgerechte Lösung für Sortieraufgaben in kleineren und mittleren Unternehmen. Die Kooperation mit dem Unternehmen CRONIMET aus Karlsruhe stellt die Praxisorientierung sicher, unter anderem durch einen zu entwickelnden Demonstrator, der im Unternehmen getestet wird.

Das Vorhaben wird gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau des Landes Baden-Württemberg im Programm „Förderung des Technologietransfers im Themenfeld TECHNOLOGISCHER RESSOURCENSCHUTZ“.