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Personalarbeit anders gedacht: neue Generation, neue Medien und neue Personalentwicklungen verlangen ein Umdenken

Nils Haase, Prof. Dr. Stephan Fischer, Jörg John (v. l. n. r.)

Aktualität, neue Ideen und die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis tragen zu dem anerkannt guten Image der Tagung „Business meets Science“  des Instituts für Personalforschung an der Hochschule Pforzheim bei. Organisiert in Kooperation mit der fidelis HR GmbH folgten der Einladung zur 5. Fachtagung am Dienstag, 13. Mai 2014, über 110 Personalmanager aus dem Bundesgebiet an die Hochschule Pforzheim.

„Die Rekordbeteiligung ist auch den Themen geschuldet“, erklärte Professor Stephan Fischer. Der Leiter und Gründer des Instituts stellte beispielsweise seine Forschungsergebnisse bezüglich der künftigen Generation junger Arbeitnehmer vor. Die viel beschworene sogenannte „Generation Y“ sei alles andere als eine homogene Gruppe, so Dr. Fischer. Natürlich forderten Arbeitnehmer im Alter von Mitte 20 die Unternehmen anders als langjährige Mitarbeiter am Ende ihres Berufslebens. Geprägt durch die vielfachen Kommunikationsmöglichkeiten und mit dem Willen private und berufliche Interessen zu verbinden, steigen Nachwuchskräfte heute anders in den Beruf ein. „Einheitliche Ziele oder Ansprüche dürfen dieser Gruppe aber nicht unterstellt werden“, so der renommierte Personalforscher. Bestätigt wurde dieses Forschungsergebnis durch die Personalmanager.

Die Folgen der schnellen Kommunikation beschäftigt die Personalverantwortlichen fast aller Unternehmen. Die ständige Erreichbarkeit führt zu Stress, mangelnder Erholung und fehlender Konzentration. Mit „Keine Mails im Urlaub oder nach 17 Uhr“ machten Großunternehmen in den vergangenen Monaten Schlagzeilen. Diese Maßnahmen sind allerdings die Folge eines langen Entwicklungsprozesses, wie die Referenten aus der Praxis darstellten. „Nur mit einer umfangreichen Einbindung und einem klar kommunizierten Willen des Vorstandes, können sie solche Prozesse einleiten“, stellte Dr. Peter Robert Becker, Daimler, dar. Ergänzt wurde diese Perspektive durch Lydie Recorbet aus Frankreich, die das Thema aus einer internationalen Perspektive betrachtete und von Professor Dr. Markus-Oliver Schwaab, der eine Beschreibung der deutschen Situation lieferte.

So groß angelegte Studien und eine solch umfassende Personalentwicklung fehlen vielen Klein- und mittelständigen Unternehmen die Kapazität. Vielfach sei hier Personalentwicklung zwar gewünscht und wichtig, doch das Unternehmen zu klein, um eine sinnvolle Arbeit zu etablieren. Zusammenschluss oder Auslagerungen seien hier die möglichen Wege für eine Umsetzung, stellte Professor Dr. Fritz Gairing von der Hochschule Pforzheim zusammen mit Christine Kienhöfer, Geschäftsführerin FELSS Holding, fest.

Intensiv diskutiert wurden die Ergebnisse der drei vorgestellten Abschlussarbeiten. Für viele Unternehmen relevant ist die Organisation und Weiterentwicklung virtueller Arbeitsteams. Jennifer Schurer stellte eine ausgezeichnete Bachelorarbeit zu diesem Thema vor. Mit der realen Umsetzung der Firmenleitlinien in anderen Kulturen beschäftigte sich Bettina Secker. Während ihrer Abschlussarbeit begleitete sie ein Unternehmen beim Aufbau einer Führungsstruktur in einem Standort in Süd-Korea. Welche Anreize für Mitarbeiter gesetzt werden können, die reine fachspezifische Karrieren durchlaufen möchten ohne hierarchisch aufgestellt zu sein, durchleuchtete Robin Dehm. Die drei vorgestellten Arbeiten, die alle global agierenden deutschen Unternehmen entstanden, stießen auf großes Interesse.

„Business meets Science“ hat bei den Personalverantwortlichen bundesweit inzwischen einen sehr guten Ruf“, stellte ein Teilnehmer nach der Fachtagung fest. „Wir bekommen immer neuen Input für unsere Arbeit, bleiben am Puls der Zeit und können bestimmte Forschungsergebnisse sowohl mit anderen Praktikern als auch mit Wissenschaftlern diskutieren“, so das Fazit.

Agenda

09:30 Uhr Empfang
10:00 Uhr Begrüßung Prof. Dr. Stephan Fischer (Direktor Institut für Personalforschung, Hochschule Pforzheim) und Nils Haase (Geschäftsführer, fidelis HR GmbH)
10:15 Uhr Generation Y – Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen Vorträge von Prof. Dr. Stephan Fischer (Direktor Institut für Personalforschung, Hochschule Pforzheim) und Jan Wilfarth (ehem. Head of Human Resources, InnoGames GmbH) mit anschließender Diskussion
11:30 Uhr Ausgezeichnete studentische HR-Arbeiten
13:00 Uhr Mittagspause
14:00 Uhr Fluch und Segen neuer Medien Vorträge von Prof. Dr. Markus-Oliver Schwaab (Hochschule Pforzheim), Dr. Peter Robert Becker (Arbeitspolitiker bei der Daimler AG im Bereich Health & Safety) und Lydie Recorbet (ORSE, Observatoire de la Responsabilité Sociétale des Entreprises) mit anschließender Diskussion
15:45 Uhr Strategische Personalentwicklung in KMUs Vorträge von Prof. Dr. Fritz Gairing (Hochschule Pforzheim), Christine Kienhöfer (Geschäftsführerin, Felss Holding GmbH) und Darko Kadoic (Referent Personalentwicklung, Felss Holding GmbH) mit anschließender Diskussion
Ab 17:15 Uhr Get Together
Moderation Prof. Dr. Stephan Fischer (Direktor Institut für Personalforschung, Hochschule Pforzheim)

Generation Y – Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen

Wissenschaft: Prof. Dr. Stephan Fischer

Generation Y – Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen Wie tickt die Generation Y? Was sind zentrale Werte, die wir typischerweise  mit dieser Generation verbinden? Was heißt das für Unternehmen und deren Suche und Bindung von jungen Talenten?Diese Fragen werden in dem Vortrag bearbeitet und dabei kritisch betrachtet, ob man überhaupt über „die Generation Y“ sprechen kann oder ob das eine  unzulässige Vereinfachung ist. Am Ende wird es darum gehen, ob wir nicht alle ein wenig Generation Y sind.

Wirtschaft: Jan Wilfarth

Wie sieht ein Unternehmen aus, welches von Vertretern der Generation Y aufgebaut wird? Welche Aspekte sind der Generation Y wichtig, wie wird die Zusammenarbeit gestaltet und wie werden Personalinstrumente und –prozesse umgesetzt? Anhand vieler Beispiele erläutert Herr Wilfarth, selbst Vertreter der Generation Y, wie moderne Personalarbeit aussehen kann. Hierbei wird die Bedeutung und Ausgestaltung der Unternehmenskultur, die konsequente Kundenorientierung und die Selbststeuerung von Teams eine große Rolle spielen. Nicht zuletzt wird geschaut, mit welchen Benefits sich die Generation Y selbst lockt und ob es heutzutage eines umfangreichen Feel Good Managements bedarf.

Fluch und Segen neuer Medien

Wissenschaft: Prof. Dr. Markus-Oliver Schwaab

Viele Manager beklagen die Mitteilungsflut und die von ihnen erwartete ständige Erreichbarkeit. Ausgehend von einer aktuellen empirischen Studie zeigt der Impulsvortrag Wege auf, wie die neuen Medien kompetent genutzt und die Kommunikationskulturen positiv gestaltet werden können.

Wirtschaft: Dr. Robert Becker

Der Vortrag geht auf Ergebnisse des Forschungsprojekts Work-Life-Balance: Wege zur nachhaltigen Verankerung von Work-Life-Balance in die Unternehmenskultur ein. Das Projekt wurde in Kooperation zwischen der Abteilung Health & Safety Policy der Daimler AG und der Abteilung Arbeits- und Organisationspsychologie der Universität Heidelberg durchgeführt. Neben Handlungsfeldern und Stellhebeln im Thema Work-Life-Balance stehen vor allem praktische Handlungsempfehlungen und das Life-Balance Angebotsspektrum der Daimler AG im Vordergrund der Betrachtung.

Wirtschaft: Lydie Recorbet

Lydie Recorbet wird über die französischen Erkenntnisse zum Umgang mit elektronischen Kommunikationsmedien berichten und die Empfehlungen der ORSE vorstellen.

Strategische Personalentwicklung in KMUs

Wissenschaft: Prof. Dr. Fritz Gairing

Strategische Personalentwicklung in KMUs – same procedure as every year? Erkenntnisse und Konsequenzen aus einem Forschungsprojekt!

Während sich in den meisten Großunternehmen die Funktion einer systematischen Personalentwicklung inzwischen etabliert hat, tun sich KMUs mit der Einführung einer strategisch ausgerichteten PE oft schwer. Nun ist es kaum noch so, dass Mittelständler nicht die Notwendigkeit einer strategischen und systematischen PE erkannt hätten, jedoch gerät die konsequente Ein- und Durchführung eines professionellen PE-Konzepts in der drängenden Hektik des Unternehmens-Alltags allzu häufig „unter die Räder“. Einen Weg heraus aus diesem Dilemma zu finden, war eines der zentralen Ziele des inSPE-Projekts, das das GARP-Bildungszentrum im Auftrag des baden-württembergischen Wirtschaftsministeriums von 2010 bis 2013 durchführte. Dazu wurde eine Seminarreihe entwickelt, die es sich zum Auftrag gemacht hatte, die Professionalität von PE-lern insbesondere in KMUs zu fördern und damit die Qualität der Personalentwicklung in KMUs deutlich zu stärken. Mit der wissenschaftlichen Begleitung dieses Projekts wurden Prof. Dr. Fritz Gairing und Dipl. Ökonomin Katrin Plangger vom Institut für Personalforschung der Hochschule Pforzheim beauftragt.

Die Ergebnisse (überraschend?), Erkenntnisse (ungewöhnlich?) und daraus abgeleitete Konsequenzen (praxistauglich?) dieser Studie werden im Vortrag vorgestellt.

Wirtschaft: Christine Kienhoefer

Das Finden, Binden und Qualifizieren von Mitarbeitern und Führungskräften gewinnt durch Entwicklungen im Unternehmensumfeld zunehmend an Bedeutung. Die demographische Entwicklung verknappt die Ressource Mensch – zumindest in Deutschland. Der War for Talents ist bereits im vollen Gange.

Hat man die Talente dann gefunden, gilt es lebenslanges Lernen zu unterstützen. Denn durch die Dynamik des Umfelds ist kontinuierliche persönliche und professionelle Entwicklung Programm.

Dabei können sich KMUs gegenüber Großunternehmen sicher nicht nur durch professionelle Personalarbeit abheben. Es braucht Orientierung und Differenzierung! Und gerade für familiengeführte Unternehmen kann die Chance in einem authentischen Wertesystem liegen, das in zweifacher Weise Auswirkung auf die Personalentwicklung hat. Zum einen kann die gemeinsame Diskussion und Reflexion im Rahmen eines  Werte- und Leitbildentwicklungsprozesses das gemeinsame Verständnis über den Identitätskern des Unternehmens stärken, zum anderen ist diese Identität Orientierung und Maßstab für eine strategie- und werteorientierte Personalentwicklung.

Wirtschaft: Darko Kadoic

Ist der Mensch an der eigenen Entwicklung interessiert? Welchen Wert hat die bedarfsgerechte und differenzierte Personalentwicklung und wer ermittelt den Bedarf? Im Rahmen der Einführung unserer Unternehmenswerte haben wir ein Kulturmessinstrument als Ermittlungsbasis für die stetige Verbesserung des Arbeitsumfeldes eingeführt. Das Kulturmessinstrument ermöglicht allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Verbesserung aktiv, vor allem durch Offenheit, teilzunehmen und sich zu beteiligen. Konkrete Umsetzungen sind bereits vorhanden und alle Maßnahmen aus der PE werden in größtmöglichen Einklang mit den Rückmeldungen unserer Kolleginnen und Kollegen gebracht. Wie schafft man eine Organisation und Führungskräfteentwicklung die den aktuellen Bedürfnissen genügt aber auch uns das Rüstzeug für die Zukunft gibt, damit ein flexibles Verhalten, Arbeiten und Vorgehen ermöglicht wird?

Generation Y – Auswirkungen auf die Arbeitswelt von morgen

Prof. Dr. Stephan Fischer lehrt an der Hochschule Pforzheim in den Studiengängen BWL/ Personal (BA), MSc Human Resources Management sowie an der Universität Heidelberg. Er bildet mit einigen Kollegen das Human Resources Competence Center. Als Direktor des Institut für Personalforschung im HRCC der HS Pforzheim forscht er im Bereich nachhaltiges HRM. Zudem ist er Aufsichtsrat der O&P Consult AG in Heidelberg. Vor seiner Tätigkeit in Pforzheim war er Gründer und Vorstand der O&P Consult AG sowie Verantwortlicher für das Personalmanagement und die Personal- und Organisationsentwicklung bei einem weltweit agierenden Unternehmen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.

Jan Wilfarth (28) leitete vier Jahre als Head of Human Resources die Personalabteilung der InnoGames GmbH. In dieser Funktion verantwortete er den Personalaufbau von über 200 Mitarbeitern in 3,5 Jahren sowie die Gestaltung der HR Strukturen und Prozesse in dem international tätigen Softwareunternehmen. Als Ausbildung absolvierte er seinen Bachelor in Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Personalmanagement an der Hochschule Pforzheim und machte Praktika in den Personalabteilungen der Daimler AG und der Osram GmbH. Derzeit schließt er seinen berufsbegleitenden Master in Management (Human Resources) an der Hochschule für Ökonomie und Management in Hamburg ab und orientiert sich beruflich neu.

Fluch und Segen neuer Medien

Prof. Dr. Markus-Oliver Schwaab Studium der Wirtschaftswissenschaften von 1983 bis 1990 an der Universität Stuttgart-Hohenheim mit den Schwerpunkten Personal/Organisation, Kreditwirtschaft und Konsumökonomik. Parallel dazu fünfjährige Mitarbeit am Lehrstuhl für Psychologie (Prof. Dr. Heinz Schuler), insbesondere in Projekten zu anforderungsbezogenen Personalauswahlverfahren. Berufsbegleitende Promotion zum Dr. phil. an der Universität Koblenz-Landau von 1996 bis 2002 mit einer Studie zum Bildungscontrolling.

Dr. Peter Robert Becker Studium der Soziologie, Betriebswirtschaftslehre und Pädagogik in Mainz und Cardiff (UK). 2009 Magister Artium an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. 2013 Doktor der Philosophie im Fach Psychologie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. 2010 bis 2012 Doktorand im Projekt Work-Life-Balance bei der Daimler AG. Seit 2012 Arbeitspolitiker bei der Daimler AG im Bereich Health & Safety. Arbeitsschwerpunkte: Vereinbarkeit von Arbeits- und Privatleben, Gefährdungsbeurteilung psychische Belastung, Selbstmanagement, Mitarbeiterbindung

Lydie Recorbet verantwortet beim ORSE Projekte aus dem Human Resources Management und zur gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen. Sie bearbeitet Themen wie die Ausweitung der Sozialversicherung, Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, berufliche Chancengleichheit, Diversity Management und Work-Life-Balance (Vereinbarungen zur Telearbeit und E-Mail-Nutzung). ORSE kann verstanden werden als das Observatorium zur gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen.

Strategische Personalentwicklung in KMUs

Prof. Dr. Fritz Gairing Studium der Erziehungswissenschaften, Psychologie, Soziologie und Philosophie an der Technischen Universität Berlin; Fach- und Führungsfunktionen in den Bereichen Personal- und Organisationsentwicklung sowie Ausbildung bei Daimler, Konzernzentrale Stuttgart; Visiting Professor Karlstad University, Schweden; Beratungsschwerpunkte im Bereich Organisationsentwicklung und Veränderungsprozesse.

Christine Kienhöfer geb. 1964, Diplom-Kauffrau, Studium der Betriebswirtschaft an der Universität Mannheim. Nach dem Studium tätig in der Arthur Andersen Management-Beratung. Seit 1990 im elterlichen Unternehmen tätig: Felss-Gruppe mit Hauptsitz in Königsbach-Stein. Seit 1998 Haupt-Gesellschafterin und Allein-Geschäftsführerin der Felss-GruppeSeit 2012 Vorsitzende des Management-Boards der Felss-Gruppe.

Darko Kadoic Referent Personal- und Organisationsentwicklung bei der Felss Holding GmbH  seit 01.06.2013, davor 7 Jahre stv. Leiter Personal und Organisation in der Versicherungsbranche. Aufbau der Personalentwicklung innerhalb der Unternehmensgruppe

Zum Download der Präsentationen zur Veranstaltung vom Mai 2014 ging es hier.